Kein Ministerium ist seit 2016 so gewachsen wie das Innenressort von Thomas Strobl (CDU). Der Minister verweist auf auf neue Aufgaben, doch die SPD vermutet andere Gründe dahinter.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Das Innenministerium von Thomas Strobl (CDU) ist unter allen Ressorts der baden-württembergischen Landesregierung mit Abstand am stärksten gewachsen. Zwischen 2016 – dem Beginn der Legislaturperiode – und 2018 erhöhte sich die Zahl der Stellen von 339,9 auf 434,7. Ein Plus von 94,8 Stellen oder stattlichen 28 Prozent. Im gleichen Zeitraum verdoppelte sich die Zahl der Stellen im Leitungsstab nahezu von sechs auf 11,5, ebenfalls weitaus stärker als in allen anderen Ministerien. Dies ergab die Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Landtags-SPD zu Personalstärke in den Ministerien, die unserer Zeitung vorliegt. Der SPD-Fraktionschef Andreas Stoch hält den Zuwachs für fragwürdig und äußert den Verdacht, dass Strobl sich ein „zweites Staatsministerium“ schaffen wolle.

 

Anlass für die SPD-Anfrage war die jüngste Kritik des Landesrechnungshofs an den weiter wachsenden Personalausgaben. Diese seien 2017 im Südwesten um 715 Millionen Euro oder 4,4 Prozent gestiegen. Der Stellenanstieg im Innenministerium wird in der Antwort mit der Neuabgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien nach der Landtagswahl 2016 begründet; damals seien Digitalisierung und Migration als Aufgaben hinzugekommen. Neu eingerichtet worden sei zudem der „Sonderstab gefährliche Ausländer“, sagte ein Sprecher. Die Fast-Verdoppelung des Leistungsstabes begründete er vor allem mit dem höheren Koordinierungsbedarf.

SPD wittert „zweites Staatsministerium“

SPD-Fraktionschef Stoch nannte die Zahlen „ziemlich dramatisch“. Es sei schwer zu glauben, dass die Zunahme alleine den neuen Aufgaben geschuldet sei. Offenbar habe Strobl ein Gegengewicht zur Staatskanzlei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schaffen wollen. Auch die Verdoppelung der Leitungsebene sei „nicht in der Sache erklärbar“. Weitere 2,5 Stellen des Innenministeriums in den Landesvertretungen in Berlin und Brüssel zeugten zudem vom Misstrauen gegenüber dem Koalitionspartner.

Unterm Strich ist die Zahl der Stellen in den Ministerien binnen zwei Jahren von 3240 auf 3428 gewachsen, also um 188 oder rund sechs Prozent. Auch weitere Ministerien verzeichneten starke Zuwächse: Der Anstieg von 325 auf 367 Stellen im Umweltressort wird mit der Übernahme des Naturschutzes begründet, der von 182 auf 243 Stellen im Justizministerium mit den neuen Bereichen Tourismus und Europa. Das Wirtschaftsressort wuchs von 350 auf 375 Stellen, das Sozialressort von 254 auf 286. Das Finanzministerium blieb mit 283 Stellen nahezu konstant, die Staatskanzlei schrumpfte sogar von 247 auf 222 Stellen.

Ohne Ausschreibung zum Referatsleiter

Irritierend findet die SPD, dass viele Referatsleiterstellen laut Auskunft ohne Ausschreibung vergeben wurden – im Finanzministerium sogar 15 von 19. Dies rieche nach Gutdünken und Personalpolitik nach Parteibuch. Die Regierung erklärt es vor allem mit „statusgleichen Umsetzungen“.