Dass die Stadt Ganztagskindern mehr Musik nahebringen will, ist löblich. Sie sollte aber auch dafür sorgen, dass Kinder an der Musikschule nicht zwei Jahre auf Klavier- oder Geigenunterricht warten müssen, findet Redakteurin Inge Jacobs.

Stuttgart - Dass Ganztagsschüler künftig mehr musikalische Förderung erfahren sollen, ist klar zu begrüßen. Schließlich ist belegt, dass Musizieren nicht nur die Hörwahrnehmung verbessert, sondern auch die Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit erhöht, die Impulsivität verringert, zu besseren Leistungen auch beim Lesen und Rechtschreiben führt und zu positiven Effekten bei der sozialen Integration und der Stressfähigkeit. Also her damit, bitte schön!

 

Und klar ist auch, dass somit, nämlich durch den gebundenen Ganztag, auch Kindern Musik nahegebracht wird, deren Eltern nie auf die Idee gekommen wären, sie an der Musikschule anzumelden. Die Grundidee ist also ausgezeichnet.

Allerdings steckt der Teufel im Detail. Schaut man genau hin, dann erkennt man, dass die Kooperation von Ganztagsschulen mit der Musikschule nicht flächendeckend erfolgen kann, sondern nur dort, wo sich die Schule auch explizit dafür entscheidet und die Ressourcen der Musikschule das auch hergeben. Es ist also Zufall, ob man als Kind gerade in so einem Schulbezirk wohnt oder nicht.

Dennoch ist die Idee, dass Profis Ganztagsschüler auf das Erlernen eines Musikinstruments heiß machen, clever. Sie sollte aber auch halbwegs zeitnah von der Musikschule eingelöst werden können. Zwei Jahre Wartezeit für Klavier- oder Geigenunterricht – das ist für eine reiche und ansonsten doch sehr kulturbewusste Stadt wie Stuttgart beschämend. Und für ambitionierte Ganztagsschüler enttäuschend.