Mehr Nager in Esslingen? Ratten an Spielplätzen – warum die Stadt keine Gefahr sieht

Zusätzliche Futterangebote locken Ratten an. Foto: dpa/Max Radloff

Beschwerden über Nager in der Esslinger Altstadt nehmen zu. Doch gibt es wirklich mehr Tiere oder werden sie in den Sommermonaten nur stärker wahrgenommen? Eine Plage sieht die Stadt nicht – und bemüht sich, besorgte Eltern zu beruhigen.

Sie sind nicht süß oder gar plüschig, und sie wecken nicht unbedingt einen Streichelzwang. Ratten haben ein Imageproblem. Auch im Esslinger Stadtgebiet sind sie keine willkommenen Gäste. Ein Leser meldet ein vermehrtes Aufkommen in der Stettener Straße, eine Bewohnerin der Altstadt spricht von in der Wohnung herumlaufenden Tieren. Doch die Stadt stellt auf Nachfrage unserer Zeitung klar: „Selbst wenn zwischen Abfalltonnen oder gar auf einem Spielplatz Ratten gesichtet werden, besteht derzeit kein Grund zur Sorge. In Esslingen gibt es keine Rattenplage.“

 

Eine Plage vielleicht nicht. Aber womöglich ein Rattenproblem. In Esslingen gebe es, wie in allen Städten, Ratten in der Kanalisation, bestätigt Nicole Amolsch vom städtischen Pressereferat. Und wie andernorts meldeten Bürgerinnen und Bürger der Verwaltung, wenn ihnen die Tiere über den Weg laufen. Die genaue Anzahl dieser Benachrichtigungen nennt Amolsch trotz erneuter Nachfrage nicht. Die Stadtsprecherin räumt nur ein, dass es immer wieder Beschwerden gebe. Eine Dokumentation über den Zeitpunkt und die Häufigkeit der Rattensichtungen liege aber nicht vor.

Ratten kommen an die Oberfläche

Keine genauen Zahlen also, aber immerhin ein Trend: Es würden derzeit vermehrt Ratten gesehen. Dieser Anstieg müsse aber nicht zwangsläufig an einer zunehmenden Population liegen, sagt Nicole Amolsch. Es könne auch sein, dass die Menschen deshalb mehr Ratten sehen, weil sie sich während der warmen Jahreszeit länger und öfter im Freien aufhielten.

Die Sichtbarkeit von Ratten im öffentlichen Raum hänge zudem maßgeblich vom Futterangebot ab. In den heißen Sommermonaten seien die Känale trocken, und die Vermüllung nehme durch Freizeitaktivitäten im Freien zu. Wegen dieser beiden Faktoren kämen die Tiere vermehrt an die Oberfläche und seien damit häufiger zu sehen. Der eigentliche Grund für die Zunahme der Sichtungen sei für die Stadt daher schwer zu ermitteln, sagt Amolsch. Es sei aber auch durchaus möglich, dass es mehr Ratten gebe.

Erkenntnisse aus größeren Städten würden diesen Verdacht nähren. Diese mögliche Zunahme könnte laut dem städtischen Pressereferat auch an Lebensmittel- und Speiseresten liegen, die über den Abfluss der Spülbecken oder die Toiletten entsorgt würden. Dieses Verhalten habe in den vergangenen Jahren „stark zugenommen“. So entstünden für die Ratten zusätzliche Nahrungsquellen. Offener Müll im öffentlichen und privaten Raum zum einen und milde Winter zum anderen könnten die Zahl der Nager weiter steigen lassen. Das Füttern von Enten, Singvögeln oder Igeln schaffe ebenfalls ein zusätzliches Futterangebot und locke somit Ratten an. Nicole Amolsch zitiert in diesem Zusammenhang das städtische Grünflächenamt: „Die Fütterung von Wildtieren ist laut Polizeiordnung verboten.“

Müllsauger gegen Ratten

Tatenlos schaut die Stadt nach eigenen Angaben dem Vormarsch der Nagetiere aber nicht zu. Gegenmittel seien die Reduzierung der von Menschen geschaffenen Nahrungsquellen und die lokale Bekämpfung, sagt die Pressesprecherin. Sie nennt auch konkrete Ansätze: In der Innenstadt sowie im Bereich von Maille, Schelztoranlage und der Burg seien die bisherigen 60-Liter-Mülleimer durch doppelt so große Behälter ersetzt worden. Dadurch liege weniger Müll herum. Die Beschaffung eines elektrischen Abfallsaugers für die Innenstadt sorge für zusätzliche Sauberkeit. Dieser Elektrosauger lässt zumindest nach Angaben des Herstellers nicht nur Essensreste, sondern auch jeglichen anderen Abfall wie Papier, Karton, Zigarettenpäckchen und -stummel, Getränkedosen, Glas- und Plastikflaschen verschwinden.

Hilfreich gegen ein vermehrtes Rattenaufkommen ist laut der Verwaltung auch, dass die Innenstadt jetzt auch samstags und sonntags gereinigt werde. Das habe zu einem merklichen Rückgang der Beschwerden geführt. Zudem würden Mülleimer seit Kurzem auch in den Stadtteilen und in den Außenbereichen täglich geleert. Meldeten Bürgerinnen und Bürger, dass sie Ratten gesehen hätten, reagiere das städtische Tiefbauamt umgehend: „Durch gezieltes Auslegen von Ködern in der Kanalisation des betroffenen Straßenbereichs gelingt es meist schnell, Verbesserungen herbeizuführen“, erklärt Amolsch. Ziel bei der Bekämpfung der Tiere sei es, die „Rattenbevölkerung“ zu begrenzen – eine Ausrottung sei kaum möglich und auch nicht notwendig.

Fäkalien sind keine Nahrungsquelle

Gleichwohl sind Ratten als Überträger von Krankheiten gefürchtet. Die Stadt Esslingen sieht aber keinen Grund zur Sorge. Bürger müssten sich nicht einmal beunruhigen, wenn Ratten bei Abfalleimern oder in der Nähe von Spielplätzen auftauchten. Die Tiere lebten zwar wegen der ungestörten Rückzugs- und Nistmöglichkeiten auch in der Kanalisation, ernährten sich aber nicht von Fäkalien. Vielmehr würden sie entweder außerhalb der Kanäle auf Futtersuche gehen oder Küchenabfälle fressen, die über die Kanalisation entsorgt würden: „Bei einem Zusammenwirken der Bekämpfungsmaßnahmen mit einem umsichtigen Verhalten der Bürgerinnen und Bürger stellen die Ratten keine Gefahr dar.“

Ratten in der Stadt

Reaktion
Wer eine Ratte sieht, sollte den direkten Kontakt vermeiden. Die Nager sind zwar eher Fluchttiere und zudem nachtaktiv. Doch wenn sie in die Enge getrieben werden, kann es sein, dass sie sich verteidigen. Dann ist es durchaus auch möglich, dass die Tiere beißen. Dadurch können tatsächlich Krankheiten übertragen werden. Wichtig ist es auch, die Tiere nicht durch Futter anzulocken.

Müllproblem
Ratten werden laut der Stadt Esslingen von zusätzlichen Nahrungsquellen angelockt. Überquellende Mülleimer oder Abfall neben Behältern sollten daher vermieden werden. Ein Problem stelle zudem illegal in den städtischen Müllbehältern entsorgter Hausmüll dar, der die Behälter verstopfe, was im gesamten Stadtgebiet der Fall sei.

Weitere Themen

Weitere Artikel zu Esslingen Ratten Müll