Die Landeskirche erteilt homosexuellen Paaren künftig den Segen. Das ist immerhin ein Anfang, kommentiert Michael Trauthig.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Stuttgart - Mogelpackung, fauler Kompromiss, Minimalkonsens – solche Vorwürfe mussten sich evangelische Kirchenparlamentarier anhören, weil die Synode nun die öffentliche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare unter gewissen Bedingungen erlaubt. So verständlich die Bewertungen sind, so ungerecht sind sie auch. Es stimmt ja: Einerseits bringt die Reform nicht die überfällige Gleichberechtigung homosexueller Eheleute vor dem Altar. Andererseits beginnt auch Kirchenpolitik mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Jede auch nur etwas weiter gehende Neuerung hätte in der Synode eben keine Chance auf die nötige Mehrheit gehabt.

 

Die Kirche muss auf ihr Profil achten

Nun ist zumindest ein Anfang zu mehr Akzeptanz schwuler und lesbischer Paare gemacht. Natürlich bleibt die Kirche damit zögerlich beim Nachvollzug des gesellschaftlichen Wandels. Doch sie ist nicht dem Zeitgeist, sondern dem Evangelium und dem Wort ihres Herrn verpflichtet. Folgt sie zu rasch allgemeinen Trends, könnte sie ihren Auftrag verfehlen und Profil einbüßen. Bei der Veränderung ihres Familienbilds ist die württembergische Kirche freilich sehr langsam. Baden etwa ist weiter. Auch die meisten Protestanten hier wünschen sich mehr Tempo bei dem Thema. Sie tun aber zu wenig dafür. Sonst hätten sie die fortschrittlicheren Kräfte in der Synode bei Wahlen längst gestärkt.