Das französische Verfassungsgericht hat ein hart umkämpftes Gesetz, das die Konzernverantwortung für die Zuliefererfirmen, Tochterunternehmen oder Auftragsempfänger festschreibt, grundsätzlich gebilligt. Die Firmen müssen für Menschenrechts- und Umweltverstöße von Subunternehmen haften.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

Paris - Ein vierjähriger Gesetzesmarathon hat in Paris ein Ende gefunden: Das französische Verfassungsgericht hat ein hart umkämpftes Gesetz, das die Konzernverantwortung für die Zuliefererfirmen, Tochterunternehmen oder Auftragsempfänger festschreibt, grundsätzlich gebilligt. Auslöser war die Tragödie von Rana Plaza im Jahr 2013, als in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeshs, mehr als tausend Textilarbeiter beim Einsturz eines Gebäudes ums Leben kamen.

 

Für Zulieferer großer Pariser Modekonzerne gearbeitet

In Paris war die Reaktion besonders heftig, weil die Todesopfer für Zulieferer großer Pariser Modekonzerne gearbeitet hatten. Sozialistische Abgeordnete brachten daraufhin ein Gesetz ein, das die „Sorgfaltspflicht“ betroffener Konzerne festschreibt und sie für Menschenrechts- oder Umweltvergehen auch ihrer Subunternehmen haften lässt. Betroffen sind knapp 200 Firmen wie Danone, Total oder Renault, die mindestens 5000 Angestellten haben – oder 10 000, wenn es sich um Niederlassungen ausländischer Konzern handelt.

Der Erlass wurde im Februar genehmigt, aber von konservativen Abgeordneten mit der Begründung angefochten, französische Firmen verlören so gegenüber der Konkurrenz ihre Wettbewerbsfähigkeit. Das Verfassungsgericht hat die Einsprachen im Prinzip abgewiesen. Die höchsten Landesrichter bestätigen, dass das öffentliche Interesse an einem solchen Gesetz gegeben sei; die Pflicht, Sorgfaltsregeln im Jahresbericht des Unternehmens zu veröffentlichen, stelle auch keine „übermäßige Beeinträchtigung“ der unternehmerischen Freiheit dar. Hingegen kritisiert das Verfassungsgericht den Erlass als „zu unpräzise“. Deshalb erklärt es die vorgesehenen Bußen von bis zu 30 Millionen Euro für verfassungswidrig und streicht sie aus dem Gesetz.  

In Deutschland agieren Firmen auf freiwilliger Basis

Die französischen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften reagierten unterschiedlich auf das Urteil. Gelobt wurde es als eine „historische Entscheidung“, da sich Frankreich als erstes Land ein solches Gesetz gebe. Das katholische Komitee gegen Hunger und für Entwicklung bedauerte allerdings, dass das Urteil das Gesetz „teilweise seiner Substanz“ beraube, wenn es die Möglichkeit von Bußen streiche. Der sozialistische Wirtschaftsminister Michel Sapin kündigte am Freitag an, seine Regierung werde die nötigen „Präzisierungen“ in einem Gesetzeszusatz einbringen. Vor den Wahlen im April dürfte das kaum mehr möglich sein.   In Deutschland begrüßten Amnesty International, Brot für die Welt, Germanwatch und Oxfam das französische Gerichtsurteil als „Meilenstein für den Schutz der Menschenrechte“. In einer Presseerklärung hieß es: „Die Bundesregierung sollte nachziehen und endlich in Deutschland die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen.“ Deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern ist es seit Ende 2016 überlassen, Sorgfaltsverfahren zu beschließen. Nur wenn die Hälfte dieser Firmen bis 2020 nicht nachzieht, soll ein verbindliches Gesetz folgen.