Die alternative Wohnform ist seit Jahren populär, die Realisierung der Projekte braucht jedoch einen langen Atem. Neben finanziellen Hürden stehen oft planerische Belange im Weg, die es zu umschiffen gilt.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Die Sonne lacht vom Himmel an diesem Tag im Herbst, der sich anfühlt wie Spätsommer. Und mit der Sonne strahlen Marlis Schramm (65 Jahre), ihr Gatte Gerhard Schramm (67) und Maria Furche-Schiefer (65). Die drei Ruheständler stehen neben einer Baugrube auf dem ehemaligen Klinikareal in Backnang. In rund zwei Jahren, sagt Gerhard Schramm, werde das Mehrgenerationenhaus stehen. Die drei Backnanger gehören zusammen mit rund einem Dutzend weiteren Familien und Einzelpersonen zur Gruppe „Wohnen im Quartier“. Sie wollen in Gemeinschaft wohnen, sich im Alltag gegenseitig helfen, etwa beim Einkaufen oder bei der Kinderbetreuung. Sie wollen sich auf der Dachterrasse treffen, zum Sundowner oder wozu auch immer. Sie wollen im Gemeinschaftsraum kochen, zusammen ein Auto kaufen, Veranstaltungen organisieren, etwa Vorträge oder Yogakurse. Und wenn eine Familie im Urlaub ist, dann soll es möglich sein, die Zimmer an Gäste der anderen Familien zu vermieten. Wichtig ist den Menschen aus dem Raum Backnang, die sich gesucht und gefunden haben, aber auch, dass niemand ständig mitmachen muss bei solchen Aktionen. Wer mag, der darf sich in seine eigenen vier Wände zurückziehen – und wird deshalb nicht schief angeschaut von dem Mitbewohnern.

 

Die Gesellschaft wurde vor fünf Jahren gegründet

Noch fehlt indes rund ein weiteres Dutzend Investoren. Das Gebäude werde 8,5 Millionen Euro kosten, sagt Gerhard Schramm, der einst Kaufmann gelernt und lange bei Ericsson beziehungsweise den Vorgängerfirmen in Backnang gearbeitet hat. Die kritische Phase der Projektplanung ist aber offenkundig vorbei. Kurz nach der Gründung der Gruppe vor fünf Jahren hieß es, wenn alles planmäßig laufe, dann sei das Wohnhaus 2017 bezugsbereit. Vieles lief aber nicht planmäßig. Ein paar Gründungsmitglieder sind ausgestiegen, neue kamen hinzu.

Nun aber sind die Männer und Frauen, die eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet haben, optimistisch. „Wir bauen auf jeden Fall“, sagt Marlis Schramm. Eine Bank habe das Okay für die Finanzierung gegeben. Das Grundstück werde bald gekauft. Die Bauarbeiten sollen spätestens im kommenden Sommer starten, ein früherer Beginn sei nicht möglich, sagt Gerhard Schramm, für die anderen Bauprojekte auf dem Areal werde das Grundstück, auf dem das Mehrgenerationenhaus stehen wird, als Lagerplatz benötigt. Daneben entstehen Wohnhäuser, ein Hospiz und ein Pflegeheim.

Weitere Interessenten sind willkommen

Die meisten Personen, die bis dato fest zugesagt haben mitzumachen, gehören zur Gruppe 60 plus. „Wir haben aber auch eine alleinerziehende Mutter mit Kind“, sagt Marlies Schramm. Besonders willkommen seien weitere Interessenten, wenn diese etwa 45 Jahre oder jünger seien, erklärt Maria Furche-Schiefer.

Manche Gesellschafter sind zunächst nur Investoren, sie wollen ihre Wohnung vermieten und erst später selber einziehen, Maria Furche-Schiefer und ihr Gatte zum Beispiel. Das Ehepaar Schramm indes kann es kaum erwarten, ihre schmucke Erdgeschosswohnung mit einem kleinen eigenen Garten zu beziehen. Das weit größere Einfamilienhaus mit einem riesigen Garten, das die beiden derzeit bewohnen, soll verkauft werden.