In zahlreichen Gewerken brauchen Selbstständige seit 2004 keinen Meisterbrief mehr. Das soll sich nach dem Willen der Länder und der Bundesregierung wieder ändern.

Berlin - Fünfzehn Jahre nach der Lockerung der Meisterpflicht im Handwerk könnten die Hürden für Existenzgründer in einigen Branchen bald wieder deutlich höher werden. Der Bundesrat forderte am Freitag in einer Entschließung die Bundesregierung dazu auf, „den verpflichtenden Meisterbrief für Handwerke wiedereinzuführen, bei denen dies geboten und rechtlich möglich ist“. Die Länderkammer stellte sich damit mehrheitlich hinter eine Initiative Bayerns. Während der Debatte in Berlin sagte der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), dass sich der teilweise Wegfall des Meisterbriefes nicht bewährt habe. Im Fliesenleger-Gewerbe etwa sei die Zahl der Betriebe seit der Reform von 12 000 auf 70 000 explodiert. „In der Regel sind das Ein-Mann-Betriebe – mit dem Haken, dass dann nicht mehr ausgebildet wird und dass die Qualität für den Kunden nicht mehr nachweisbar ist.“ Wenn Pfusch auffliege, seien die Firmen oft schon vom Markt verschwunden.

 

Druck der Lobby

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Thomas Bareiß (CDU), machte deutlich, dass Regierung und Koalition den Vorstoß der Länderkammer gutheißen. „Der Meister ist eine gewachsene Institution, die es zu bewahren und zu schützen gilt, und für die es sich lohnt zu kämpfen.“ Wo dies rechtlich zulässig sei, werde die Regierung den Weg für eine Wiedereinführung der Meisterpflicht ebnen. An dem Thema werde bereits intensiv gearbeitet. Man müsse aber Vorgaben des Verfassungsgerichts und einschlägiges EU-Recht beachten. Die Handwerksverbände fordern schon länger eine Rückkehr zur Meisterpflicht. Unterstützung erfahren sie allen politischen Lagern.

2004 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung den verpflichtenden Meisterbrief im Handwerk zwar nicht generell abgeschafft, die Regeln aber stark gelockert. Seitdem gibt es die so genannte Anlage B zur Handwerksordnung, in der mehr als 100 zulassungsfreie Handwerke und handwerksähnliche Gewerbe aufgeführt sind. Dazu gehören neben Fliesenlegern beispielsweise auch Raumausstatter, Gebäudereiniger oder Gold- und Silberschmiede. In diesen Gewerken können sich auch Kräfte selbstständig machen, die nicht über einen Meisterbrief als Qualifikationsnachweis verfügen – etwa Gesellen oder Handwerker aus dem EU-Ausland. In der Anlage A zur Handwerksordnung wiederum sind Berufe aufgeführt, in denen ein Meisterbrief oder eine vergleichbare Qualifikation nach wie vor Voraussetzung zur Selbstständigkeit sind. Hier geht es nach Auffassung des Gesetzgebers um Gewerke, die besonders gefahrgeneigt sind oder eine besondere Ausbildungsleistung erbringen. Dazu gehören Elektrotechniker, Fleischer oder Installateure.

Mehr Gründer erwünscht

Die Reform von 2004 war auch eine Antwort auf die damalige Massenarbeitslosigkeit in Deutschland. Ein Ziel war es auch, Existenzgründungen zu erleichtern. Die Brüsseler EU-Kommission macht sich bereits seit Jahren für eine Lockerung von Berufsregulierungen stark. Das soll den Wettbewerb und den Binnenmarkt stärken.