Melania Trump ist gelinde gesagt eine widerstrebende First Lady. In vier Jahren Washington fremdelte sie sichtlich mit ihrer Rolle. Kann sie es jetzt kaum erwarten, das Weiße Haus zu verlassen?

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Washington - Nicht umsonst nennt man sie „die Sphinx aus dem Weißen Haus“ – es ist schwer zu ergründen, was hinter Melania Trumps kühler Miene vorgeht. Selten gab es eine First Lady, die den Amerikanern so fremd geblieben ist, auch nach bald vier Jahren als erste Dame des Staates. Deshalb rätseln derzeit nicht nur die US-amerikanischen Medien: Wie geht es Melania? Jetzt, wo klar ist, dass ihr Mann Donald Trump ein „One Term President“ („Eine-Amtszeit-Präsident“) bleibt und die Familie Trump die Pennsylvania Avenue bald verlassen wird – auch wenn Trump selbst das noch immer nicht akzeptieren will.

 

Zwei Szenarien sind möglich. Das erste, unwahrscheinlichere Szenario: Melania Trump hängt ähnlich an ihrem Posten als First Lady wie ihr Mann am Präsidentenamt. Sie drängt ihren Mann, ähnlich wie stramme Trump-Getreue wie Rudy Giuliani oder Mike Pompeo, jeden Klageweg auszuschöpfen, um irgendwie doch noch einen Präsidenten Joe Biden zu verhindert. Wenig spricht für diese Theorie. Nur einen halbherzigen Tweet hat „FLOTUS“, die „First Lady of the United States“, in diese Richtung abgesetzt, als sie dazu aufrief, „jede legale – nicht illegale – Stimme“ zu zählen. Eine feurige Kampfansage klingt anders.

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Das zweite, wahrscheinlichere Szenario: Hinter den Kulissen arbeitet Melania darauf hin, ihren Mann zu einer wie auch immer gearteten Anerkennung seiner Niederlage zu bringen. Mehrere US-Medien bericht übereinstimmend, die First Lady, Trumps Tochter Ivanka und sein Schwiegersohn Jared Kushner versuchten, den Präsidenten dazu zu bewegen, die Realitäten zu akzeptieren. Gut möglich, dass Melania darin erfolgreicher sein könnte als die Berater. „Sie ist die einzige, die ihm offen sagen kann, was sie denkt. Sie ist die einzige, die ihm Ratschläge und Meinungen sagen kann, die seinen entgegenlaufen, und das auch tut“, meint CNN-Journalistin Kate Bennett, die 2019 die nicht autorisierte Biografie „Free, Melania“ geschrieben hat.

Melania weinte in der Wahlnacht – nicht vor Freude

Warum dieses Szenario realistischer klingt? Melania war von Anfang an eine eher widerstrebende First Lady. Das frühere Model fremdelte mit ihrer Rolle als „Mutter der Nation“. Sie soll alles andere als begeistert gewesen sein, als Donald Trump 2015 in den Vorwahlkampf der Republikaner einstieg. In der Wahlnacht, so heißt es zumindest in Michael Wolffs Buch “Fire and Fury“, soll Melania geweint haben – und das nicht vor Freude.

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Ein Gesprächsmitschnitt aus dem Jahr 2018, den ihre ehemals enge und jetzt in Ungnade gefallene Freundin Stephanie Winston Wolkoff veröffentlichte, verfestigt das Bilder einer First Lady wider Willen: Sie arbeite sich „den Arsch ab“ für die Weihnachtsdekoration im Weißen Haus, die dann aber wegen der Migrationspolitik ihres Mannes „einen Scheißdreck“ interessiere, sagt Melania in dem Telefonat mit Wolkoff.

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In ihren vier Jahren im „East Wing“, dem Refugium der First Lady im Weißen Haus, setzte sie wenig eigene Akzente. Eines ihrer Projekte: Die „Be best“-Kampagne. Die Initiative richtet sich gegen Cyber-Bullying, also gegen Mobbing in sozialen Medien. Da entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass ihr Mann seinen Gegnern via Twitter praktisch täglich verbale Tiefschläge versetzt.

Spekulationen über eine baldige Scheidung

Viel wird spekuliert über die Ehe der Trumps, darüber wie viel echte Gefühle auf beiden Seiten im Spiel sind. Videos, die zeigen sollen, wie Melania es vermeidet, Donalds Hand halten zu müssen, werden auf Youtube millionenfach angeklickt. Immer wieder gab es Gerüchte, Trump habe Affären gehabt.

Da wundert es nicht, dass jetzt Spekulationen ins Kraut schießen, Melania werde als erstes die Scheidung einreichen, wenn sie Washington endlich den Rücken kehren dürfe. Doch wie viel ist auf solche Einschätzungen zu geben, wenn sie von vergrätzten Ex-Mitarbeitern wie Omarosa Manigault-Newman stammen, die im Unfrieden vom Weißen Haus geschieden sind?

Über eines wird Melania vermutlich aber erleichtert sein, wenn sie aus der Pennsylvania Avenue auszieht: Dann bekommt die 50-Jährige ihre Privatsphäre zurück, die sie auch im Weißen Haus immer peinlichst bewahrte. Melania Trump gab wenig von sich und ihrer Familie preis. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Michelle Obama kam sie nie in den Talkshows der Late-Night-Hosts, um über ihren Sohn Barron oder ihre Projekte zu plaudern. Am 20. Januar 2021 wird aus der widerwilligen First Lady wieder das, was sie am liebsten wohl immer geblieben wäre: Eine Privatperson.