Jedes Jahr werden in Deutschland rund 300 000 Fälle von Infektionskrankheiten an die Gesundheitsämter gemeldet. Doch in welchen Fällen greift die Meldepflicht überhaupt?

Stuttgart - Welche Erkrankungen sind eigentlich meldepflichtig? Die Antwort auf diese Frage findet man im Impfschutzgesetz. Derzeit sind dort knapp meldepflichtige 60 Krankheiten und Erreger gelistet. Darunter finden sich nicht nur berüchtigte Erkrankungen wie Malaria und HIV, sondern auch Masern, Keuchhusten und Windpocken. Oder auch hierzulande fast ausgestorbene Erkrankungen wie Cholera, Lepra und Tollwut. Wir geben einen Überblick über die meldepflichtigen Erkrankungen, die heute noch von Bedeutung sind. Botulismus Viele kennen Botox, doch nur wenige kennen seinen Produzenten: das Bakterium Clostridium botulinum. Dabei löst dessen Toxin eine Lebensmittelvergiftung aus, an deren Ende schwerste Lähmungen stehen können. Die Zahl der Botulismus-Infektionen geht langsam wieder nach oben. Das Robert-Koch-Institut (RKI) vermeldete für 2016 insgesamt 14 Fälle. Auslöser war meistens der Verzehr von rohem und unzureichend gegartem Fisch. Dengue-Fieber Fast 1000 Fälle dieser teilweise lebensbedrohlichen Krankheit wurden 2016 gemeldet. Fast die Hälfte davon holten sich die Patienten bei Reisen in Thailand und Indonesien. FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) Diese gefährliche, schließlich auf das Gehirn übergreifende Virus-Erkrankung wird von Zecken übertragen. Fast 350 gemeldete FSME-Fälle gab es 2016 – gegenüber dem Vorjahr war das eine Steigerung um knapp 60 Prozent. Dabei kann man sich dagegen impfen lassen. Haemophilus influenzae Der aufstrebende Newcomer unter den meldepflichtigen Erkrankungen kann zu Hirnhautentzündungen und Blutvergiftungen führen. 2016 wurden über 600 Fälle gemeldet, die mit Abstand höchste Quote aller Zeiten. 25 davon endeten tödlich. Dabei kann man Kinder im ersten Jahr dagegen impfen lassen, was immerhin einen teilweisen Schutz gegen die Erkrankung aufbaut. Hepatitis Alle fünf bekannten Formen dieser Leberkrankung sind meldepflichtig. Spitzenreiter ist mit jährlich fast 4500 Fällen der Typ C. Leider gibt es keine Impfung gegen ihn.

 

HIV (Aids) Die Zahl der Neuerkrankungen sinkt hier seit einigen Jahren kontinuierlich, derzeit werden jährlich noch rund 3500 Fälle gemeldet. Fast 800 der Betroffenen haben sich im Ausland infiziert. Influenza-Grippe Mehr als 64 000 Fälle dieser Viruserkrankung wurden im Jahr 2016 gemeldet. Gegen die Grippe kann man sich impfen lassen, dadurch werden etwa 95 von 100 Krankheitsausbrüchen verhindert.

Keuchhusten Mit knapp 14 000 Fällen beweist diese bakterielle Erkrankung ebenfalls Jahr für Jahr, wie hochansteckend sie ist. Dabei gibt es auch gegen Keuchhusten eine Impfung. Allerdings: Von den gemeldeten Fällen hatten immerhin 15 Prozent eine solche Impfung hinter sich. Masern 326 Fälle dieser hochansteckenden Viruserkrankung wurden im Jahr 2016 in Deutschland gemeldet, im darauffolgenden Jahr waren es sogar mehr als 900. Fast die Hälfte davon musste wegen Komplikationen ins Krankenhaus. Dabei gibt es gegen die Erkrankung einen Impfstoff, der – bei sachgerechter Anwendung – auch relativ wirksam ist. Mumps Bei dieser Virusinfektion kommt es zu einer schmerzhaften Entzündung der Ohrspeicheldrüse, schlimmstenfalls zu Gehörverlust und Entzündungen der Geschlechtsorgane. Mehr als 700 Fälle wurden 2016 gemeldet. Es gibt eine Impfung, ihr Schutzeffekt liegt – sofern zwei Mal geimpft wird – bei rund 90 Prozent. Norovirus Mit fast 85 000 Fällen ist die Noro-Infektion des Darms mittlerweile der einsame Spitzenreiter unter den meldepflichtigen Erkrankungen. Es gibt noch keinen effektiven Impfschutz dagegen. Röteln Gegen diese für Schwangere extrem gefährliche Viruserkrankung gibt es einen effektiven Impfschutz. 2016 wurden daher nur noch 30 Fälle gemeldet. Tuberkulose Fast 6000 Fälle dieser bakteriellen Krankheit wurden 2016 gemeldet. Ihre Behandlung ist langwierig, sie führt in knapp zwei Prozent der Fälle zum Tod, wobei fast nur ältere Menschen davon betroffen sind. Windpocken Diese hochansteckende Erkrankung wurde 2016 in Deutschland mehr als 25 000 Mal gemeldet. Es gibt einen effektiven Impfschutz dagegen. Allerdings wird diskutiert, dass dieser bei nicht geimpften Erwachsenen den Ausbruch einer Gürtelrose fördert, die deutlich ernsthaftere Folgen haben kann als die eher harmlosen Windpocken.