Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Und damit zu Teil zwei dieser Besprechung, zum Aspekt kommerzieller Erfolg. Cro ist unter Teenies, Pre-Teens und Ganz-jung-Gebliebenen deshalb so beliebt, weil er genau das aufgreift, was diese schwer zu durchschauende Gruppe mutmaßlich umtreibt. Damit erntet Cro auch diesmal nicht die Meriten der Popkritik und auch die Rap-Szene wird „Melodie“ genau wie Cros frühere Werke mit hoher Wahrscheinlichkeit ablehnen.

 

Cro ist an dieser Stelle, Zitat aus dem Song „I can feel it“, „scheißegal“, was die Kritiker und die Szene denken. Der Rapper steht offen dazu, dass ihm kommerzieller Erfolg und Beliebtheit bei einem großen Publikum wichtiger sind. So eine Haltung ist auch ein Weg, mit der vorhersehbaren Kritik umzugehen, einen eigenständigen Anspruch an die eigene Musik zu definieren. Ein Anspruch übrigens, der auf „Melodie“ voll und ganz eingehalten wird: Ja, ich mache Musik für den Mainstream, so what?

Aus genau diesem Grund nimmt man es Cro gerade nicht ab, dass ihm die Meinung der Zuhörer „scheißegal“ ist. Es ist ihm höchstens egal, was seine (vom Anti-Mainstream kommenden) Kritiker denken. Nicht egal ist Cro, was die Masse denkt oder besser: was sie fühlt. Den Massengeschmack zu treffen, ist nämlich gar nicht so leicht, weil sich der Massengeschmack ständig wandelt. Cro hat mit seinem ersten Hit „Easy“ 2012 voll ins Schwarze getroffen. Er schreibt eben genau diese Art von Songs, hat ein Händchen für Musik und Texte, die ein unbeschwertes Lebensgefühl vermitteln – so wie es auch Pharrell Williams tut, dessen international abgefeierte Hits „Get Lucky“ (mit Daft Punk) und „Happy“ ja kein bisschen mehr Tiefe haben als Cros Songerfolge.

Das Gefühl vom leichten Leben

Es dürfte in Cro große Befriedigung ausgelöst haben, dass seine erste Single „Traum“ das Gefühl vom leichten Leben offenbar wieder vermitteln kann. Und man findet auf dem Album etliche Variationen davon. Ja, „Melodie“ enthält viel sauber gehandwerkten Mainstream-Pop. Auch wenn zwei, drei Songs weniger dem Album nicht geschadet hätten; die wenigen möglichen Brüche wurden von der Produktion glattgebügelt, weshalb sich das Album nach zehn, elf Liedern erschöpft. Die Rockgitarren in „Jetzt“ (Song 12) und „Wir waren hier“ (13) wirken an dieser Stelle arg bemüht. Besser wäre es gewesen, wenn das Album nach Song elf geendet hätte: „Vielleicht“ ist ein ruhiger Track, der auf der Chillout-Skala noch ein oder zwei Level über Cros erstem Hit „Easy“ rangiert.

Wichtig: Beim Thema Cro muss man mindestens zwei Seiten betrachten – zum einen die Musik, zum anderen den kommerziellen Erfolg – Chart- und Radiohits ebenso wie Werbedeals. In der Diskussion um Cro und das, wofür er steht, werden die beiden Aspekte häufig vermischt. In dieser Besprechung des neuen Cro-Albums soll es anders sein.

Gute Stuttgarter Kolchose-Tradition

Zunächst zur Musik. Cro wollte auf „Melodie“ dasselbe wie bei Raop machen, „vielleicht mit ein bisschen mehr Rap“. So hat er es im Interview mit der Stuttgarter Zeitung gesagt und genau das haben Cro und seine Produzenten Christoph Bauss alias Shuko sowie Fridolin Walcher alias Freedo hingekriegt. Die erste Single „Traum“ haben die beiden Produzenten Cro auf den Leib geschneidert und auch mit einem fluffigen Disco-Beat unterlegt. Das ist sehr nah am Zeitgeist und in der Mitte der breiten Straße all jener Hip-Hop-Acts, die gerade den neuen Pop definieren – eben einen, der Rap mitdenkt. Das von Cro selbst erfundene Kunstwort Raop ist vielleicht tatsächlich die beste Genrebeschreibung dafür.

„Ein bisschen mehr Rap“ ist in den ebenfalls von Shuko und Freedo ausproduzierten Songs wie „Cop Love“, „Meine Gang“ oder „Vielleicht“. Das erinnert an die Musik der Kolchose um Freundeskreis, Massive Töne und Co., und ein bisschen scheint da auch DJ Thomilla durch. Späte Neunziger und frühe Nullerjahre also, Cro und sein Team schließen an eine gute Stuttgarter Hip-Hop-Tradition an.

Paragraph Sex

Insgesamt ist das schon in der Standardversion 14, in der Deluxe-Ausgabe 17 Songs lange Album zweigeteilt – hier die Songs mit Stuttgart-Sound, da die an internationalem Produzenten-Pop orientierte Stücke wie „Melodie“ oder „Jetzt“ mit ihrem dichten Sound über straighte Beats, die vielleicht noch besser mit Liveband funktionieren würden.

Textlich wird nicht mehr explizit über Lehrer und die Schule gerappt; dafür gibt es (wieder) viel Zeitgeistiges, Momentaufnahmen, Liebeskummer und Kalauer wie den Songtitel „Never Cro Up“; einmal, im Song „Cop Love“, ist von „Paragraph Sex“ die Rede.

Das werden viele ebenso albern finden wie die vielen Verweise auf Facebook und Instagram. In zehn, zwanzig Jahren werden diese Texte hingegen vielleicht Dokument des Lebensgefühls all jener sein, die genau damit und darin aufgewachsen sind – einfach weil Cro genau das aufgreift und beschreibt, was seine Zielgruppe ausmacht. Also jene Smartphone-Teenies, über die sich kaum jemand aus der älteren Generation ein Urteil erlauben sollte, weil kaum jemand sie versteht, man sie vielleicht gar nicht verstehen kann.

Musik für Ganz-jung-Gebliebene

Und damit zu Teil zwei dieser Besprechung, zum Aspekt kommerzieller Erfolg. Cro ist unter Teenies, Pre-Teens und Ganz-jung-Gebliebenen deshalb so beliebt, weil er genau das aufgreift, was diese schwer zu durchschauende Gruppe mutmaßlich umtreibt. Damit erntet Cro auch diesmal nicht die Meriten der Popkritik und auch die Rap-Szene wird „Melodie“ genau wie Cros frühere Werke mit hoher Wahrscheinlichkeit ablehnen.

Cro ist an dieser Stelle, Zitat aus dem Song „I can feel it“, „scheißegal“, was die Kritiker und die Szene denken. Der Rapper steht offen dazu, dass ihm kommerzieller Erfolg und Beliebtheit bei einem großen Publikum wichtiger sind. So eine Haltung ist auch ein Weg, mit der vorhersehbaren Kritik umzugehen, einen eigenständigen Anspruch an die eigene Musik zu definieren. Ein Anspruch übrigens, der auf „Melodie“ voll und ganz eingehalten wird: Ja, ich mache Musik für den Mainstream, so what?

Aus genau diesem Grund nimmt man es Cro gerade nicht ab, dass ihm die Meinung der Zuhörer „scheißegal“ ist. Es ist ihm höchstens egal, was seine (vom Anti-Mainstream kommenden) Kritiker denken. Nicht egal ist Cro, was die Masse denkt oder besser: was sie fühlt. Den Massengeschmack zu treffen, ist nämlich gar nicht so leicht, weil sich der Massengeschmack ständig wandelt. Cro hat mit seinem ersten Hit „Easy“ 2012 voll ins Schwarze getroffen. Er schreibt eben genau diese Art von Songs, hat ein Händchen für Musik und Texte, die ein unbeschwertes Lebensgefühl vermitteln – so wie es auch Pharrell Williams tut, dessen international abgefeierte Hits „Get Lucky“ (mit Daft Punk) und „Happy“ ja kein bisschen mehr Tiefe haben als Cros Songerfolge.

Das Gefühl vom leichten Leben

Es dürfte in Cro große Befriedigung ausgelöst haben, dass seine erste Single „Traum“ das Gefühl vom leichten Leben offenbar wieder vermitteln kann. Und man findet auf dem Album etliche Variationen davon. Ja, „Melodie“ enthält viel sauber gehandwerkten Mainstream-Pop. Auch wenn zwei, drei Songs weniger dem Album nicht geschadet hätten; die wenigen möglichen Brüche wurden von der Produktion glattgebügelt, weshalb sich das Album nach zehn, elf Liedern erschöpft. Die Rockgitarren in „Jetzt“ (Song 12) und „Wir waren hier“ (13) wirken an dieser Stelle arg bemüht. Besser wäre es gewesen, wenn das Album nach Song elf geendet hätte: „Vielleicht“ ist ein ruhiger Track, der auf der Chillout-Skala noch ein oder zwei Level über Cros erstem Hit „Easy“ rangiert.

Ist „Melodie“ ein gutes Album oder ein schlechtes? Antwort: Das hängt von der Sichtweise ab. Gut ist es, weil es mit absehbarem Erfolg das tut, was es soll: der breiten Masse gefallen. Außerdem sind die Beats auf der Höhe der Zeit und die Texte sprechen mutmaßlich genau denen aus dem Herzen, für die diese Musik gemacht ist. „Melodie“ ist ein schlechtes Album, weil es allzu sehr im breiten Strom mitschwimmt und das auch noch offensiv propagiert. Angesichts der hervorragenden Ausgangslage nach dem ersten Album hätten Cro und sein Team sich mehr trauen können, hätten ein Album mit mehr Kanten schaffen können, etwas wirklich Neues – statt vor allem bei den absehbaren Single-Hits allzu auffällig dem zeitgeistigen, aber eben auch arg flüchtigen Produzentensound von Pharrell Williams und Co. nachzueifern.

Das Albumcover, das Cro auf einem Sockel zeigt, passt insofern nicht. Denn nach dem, was man jetzt sagen kann, wird „Melodie“ gerade nicht zu einem klassischen Album werden – weil es nicht in die Zukunft weist, sondern allzu explizit im Hier und Jetzt lebt, textlich wie auch musikalisch. Ob die Hörer das jetzt schlimm finden oder nicht, sei ihnen ganz im Sinne von Cro selbst überlassen.