Carl XVI. Gustaf


In diesen sexuell aufgeladenen Zeiten wirkt es ja schon fast zweideutig, wenn König Carl XVI. Gustaf von Schweden nur den Stadttunnel von Malmö in dessen künftiges Aufgabengebiet, sagen wir, einführt. Feierlich, selbstverständlich, denn ein König tut, was ein König tun muss, stets feierlich. Tunnel einzuweihen allerdings verursacht nicht annähernd so viel Mediengesabbere wie die Stockholm-Variante des Berlusconi'schen Bunga-Bunga-Spiels. Uppsala, hört man sich da in Erinnerung an einen Studienort des Oberschweden schmettern, und ihn frei nach Erich Kästner in Gustaf mit der Hupe umzutaufen.

Der Grund: das Buch "Der widerwillige Monarch" zeichnet den Mann im glatten Gegenteil zum Titel als außerordentlich willigen König. Callgirls, Ehebruch, Stripclubs, Sexsucht - das seien Gustafs Königsdisziplinen. All das also, was Könige seit jeh untertänigst machen. Was soll der alte Schwede auch sonst tun, wenn er nur Botschafter akkreditieren und in Admiralsuniformen herumlaufen darf - in einem Land, in dem selbst der Rentiersamen steuerpflichtig und die Sackpfeife das übliche Volksinstrument ist?

Jörg Kachelmann


Das Wort "Meteorologie" leitet sich im Prinzip vom griechischen "in der Schwebe" ab - was im Falle des Wettermoderators Jörg Kachelmann kein Zufall sein kann. Da ist alles in der Schwebe. Auch die journalistischen Grundstandards, die selbst in so auf ihre Seriosität pochenden Blättern wie dem "Spiegel", der "Zeit" oder dem Magazin der "Süddeutschen" (wo Kachelmanns Mitarbeiter anonym die Blumenkohlwolken vom Himmel herunterlügen durften) mit der Geschwindigkeit eines Hurrikans der Kategorie fünf durch die Druckerpresse geblasen werden.

Unter Überschriften wie "Kachelmann im Tief" oder "Schuldig auf Verdacht" fabulieren sich da renommierte Gerichtsreporter/-innen unter der Windjacke des investigativen Aufklärertums ins Bett eines unrasierten Schweizers, um alles, aber auch wirklich alles auszubreiten, was das ambulante Mehrfachliebesleben des 52-Jährigen an Flecken hinterlassen hat. Sie tun also genau das, was sie "Bild" und "Bunte" vorwerfen. Man könnte das journalistische Inversionswetterlage nennen - oder einfacher: Heuchelei. Dass man der Antwort auf die wichtigste Frage (ob Kachelmann seine Exfreundin vergewaltigt hat) damit kein Hagelkörnchen näher kommt, ist ein Tiefdruckskandal. Und dass die Akte Kachelmann als Dokument weiblicher Selbsterniedrigung bezeichnet wurde, das fünfzig Jahre Feminismus konterkariert, ist ein weiteres Niederschlagsgebiet.

Helene Hegemann


Ein anderer Name für Niederschlagsgebiet lautet Helene Hegemann. "Einen Kugelblitz in Prosaform und Prosasprache" habe die mittlerweile 18-Jährige als ihren Debütroman veröffentlicht, schrieb Ursula März in der "Zeit". Etwas nervtötend zwar, "was den Fick-und-kotz-Jargon betrifft", aber sonst sei "Axolotl Roadkill" sowohl "hemmungslose, halluzinatorische Entladung eines traumatisierten Bewusstseins als auch dessen kalkulierte, ziemlich komische Parodie mit postmodernem Beigeschmack." Um mit Heiner Geißler zu reden: das Buch ist ein protestantischer Katholik - und gleichzeitig die Parodie davon.

Interessant wurde das alles jetzt nicht etwa deshalb, weil Hegemann ihr inzwischen 12.0000-mal verkauftes Nichts zu Großteilen aus anderen gedruckten und virtuellen Nichtsen zusammenkopiert hat (wer macht das nicht?) und nachtragend halbintellektuell zum Vorbild für Intertextualität, Montage, Remix und Samples hochgejazzt wurde. Es wurde interessant, als es Iris Radisch, der "Zeit"-Literaturchefin, nicht mehr ums Buch ging, sondern um die ergötzlich-groteske Feststellung, Hegemann sei die nächste Gebenedeite eines neuen Feminismus, den die "Fußnotenwächter" in der "durch Männerkartelle kontrollierten Medienkultur" nicht mehr kaputtschreiben könnten. Für uns Freunde der "Postpostauthentizität" (Radisch) zusammengefasst: Mannomann, so viel Hirn - und so wenig Geist wie ein mexikanischer Schwanzlurch (Axolotl).

Sebastian Vettel


Die letzte Bastion, in der wir Männer uns (noch) ohne Feminismusdebatte zum Affen machen können, ist der Motorsport. Genauer: die Formel 1. Aber wenn die Herren des Magistrats der Kreisstadt Heppenheim an der Bergstraße am 20. Februar 1947 gewusst hätten, dass Sebastian Vettel, ein späterer Sohn der Stadt, am 14.November 2010 in einem Red Bull genannten Automobil ohne Dach, Blinklicht und Zündschlüssel Weltmeister würde, hätten sie eines sicher nicht gemacht: den Sanitätsrat Otto Ferrari zum ersten Ehrenbürger der Stadt gemacht. Vettel in Ferrariland? Undenkbar! Und auch die Veranstaltung "Autofreie Bergstraße" auf der B3 zwischen Darmstadt-Eberstadt und Hepprum, wie der Südhesse Heppenheim nennt, wäre im Ansatz abgewürgt worden. Denn nicht nur der mit 23 Jahren jüngste Weltmeister aller Zeiten hofft nach dem Titel auf eine anziehende Vettelwirtschaft, sondern auch die Heimatstadt des Wahl-Schweizers. "Ich bin im Momend e bissje baff. Mit so viel Leud häd' isch net gereschnet", sagte Vettel beim Empfang am 21. November in Hepprum. Was so vielsagend ist wie die Nennung der Lieblingsmusik auf seiner Internetseite: "Alles". Alles - das ist wie katholische Protestanten!