Der Stuttgarter Blogger Holger Epp schreibt als Zeilentiger über alltägliche Beobachtungen und schöne Orte. Der gebürtige Allgäuer hat sich Stuttgart „schreibend“ erschlossen. Auf seinen Streifzügen hat er schöne Flecken gefunden und begonnen darüber zu schreiben.

S-Süd - Angefangen hat alles mit regelmäßigen Posts auf Facebook. Es waren Alltagsbeobachtungen, die Holger Epp über das soziale Netzwerk verbreitete. Kurze Geschichten über scheinbare Banalitäten, an denen ein anderer vielleicht vorbeigehen würde. Aus den kurzen Posts ist vor zwei Jahren ein Blog geworden mit dem Titel „Zeilentiger liest Kesselleben“, auf dem seine Geschichten mehr Platz bekommen. Wie der Titel seines Blogs nahelegt, geht es um Beobachtungen in Stuttgart. Skizzenhaft notierte Geschichten, etwa über Begegnungen in der Stadtbahn, über eine Colaflasche, die über den Asphalt schlittert oder über einen Streit im Treppenhaus. Es sind Geschichten am Wegesrand, die er aufschreibt mit einem ganz genauen Blick für Menschen und Situationen. „Ich nehme gerne Gesprächsfetzen auf, wenn sie mir interessant erscheinen und sich Gedanken oder ein Gefühl anknüpfen lässt“, sagt er. Mindestens einmal in der Woche erscheint ein neuer Eintrag.

 

Reiseerzählungen ohne weit zu reisen

Holger Epp arbeitet eigentlich als Lektor bei einem Sachbuchverlag in Bad Cannstatt. Das Schreiben begleitet ihn aber schon Zeit seines Lebens. Früher schrieb er hauptsächlich fiktive Geschichten, mit dem Blog hat sich das geändert. „Mit Zeilentiger wollte ich mir die Stadt erschließen“, sagt Holger Epp. Er stammt aus dem Allgäu, wo man, wie er sagt „Vorurteile gegen Stuttgart“, hat. Deshalb sei er anfangs viel durch die Stadt spaziert. Auf seinen Streifzügen habe er schöne Flecken gefunden und begonnen darüber zu schreiben. Den letzten Anstoß gab ein Schreibratgeber von Hanns-Josef Ortheil. „Reiseerzählungen“, sagt Holger Epp, „das, so dachte ich, möchte ich auch machen!“ Aufbrechen und von Reisen berichten. Dazu aber, müsse man gar nicht in ferne Länder reisen. Die Geschichten liegen gleich ums Eck, etwa in seiner Straße im Süden, der Römerstraße.

Trotzdem unterscheidet er sich mit seinem Blog sehr von anderen, die sich mit der Stadt auseinander setzen. Denn seine präzise aufgeschriebenen, literarischen Geschichten könnten so oder so ähnlich genauso gut in einer anderen Stadt passiert sein. Ob alles wahr ist, was er schreibt? „Es muss nicht alles zu hundert Prozent so passiert sein, aber ich habe die Hoffnung, dass alles wahr ist“, sagt Holger Epp mit einem Schmunzeln.

Zeilentiger gibt ihm Freiheit

Auch wenn der Traum von einer Buchveröffentlichung immer da ist, gefällt ihm die Art zu schreiben, die ihm ein Blog ermöglicht: „Ich mag die Freiheit, die mir Zeilentiger gibt, es ist eine Fläche zum Austoben. Ich kann dadurch auf eine spielerische Art kreativ sein und auch einfach kurze Fragmente veröffentlichen“, sagt er. Neben den Beobachtungen rezensiert er Bücher und Filme, schreibt über Veranstaltungen, die er besucht hat oder stellt Restauranttests online – auch wenn das in letzter Zeit weniger geworden ist. „Der Blog verändert sich immer wieder und legt andere Schwerpunkte“, sagt er. Im Moment seien ihm die kleinen Erzählungen wichtiger.