Schon die Zahl ist beeindruckend, mehr noch aber ist es die Haltung, die sich dahinter verbirgt: Mehr als 3000 ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger sind 2015 in Stuttgart aktiv gewesen, um den gut 6000 Flüchtlingen zu helfen, die in der Landeshauptstadt angekommen sind. Sie haben Formulare ausgefüllt, deutsch gelehrt und manchmal einfach nur zugehört. Eine von diesen uneigennützigen Helferinnen ist Gudrun Nitsch. Bereits 1989 hat sie in Vaihingen den ersten Freundeskreis gegründet. Ausschließlich Buben und junge Männer sind dort untergebracht worden, zu einzelnen hat sie bis heute Kontakt. Einer, der Anfang der Neunziger als Kind aus Afghanistan nach Stuttgart kam, hat sie vor ein paar Monaten zu seiner Hochzeit in die Schweiz eingeladen. Er wolle Danke sagen, erklärte er, ohne Gudrun Nitsch hätte er nie das Abitur und die anschließende Ausbildung zum medizinisch-technischen Assistenten geschafft.

 

Gudrun Nitsch quittiert solche Gesten mit der ihr eigenen Bescheidenheit. Für „vollkommen selbstverständlich“ halte sie ihr Engagement, sagte sie, als sie im März von der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Versicherungsgruppe zu einer von zehn Stuttgartern des Jahres gekürt wurde. Wohl der Stadt, die solche Menschen hat!

Holger Gayer
ist Lokalchef der StZ und tief beeindruckt von der tatsächlich gelebten Willkommenskultur in Stuttgart.