Andreas Gabalier ist jetzt Träger des Karl-Valentin-Ordens. Für viele ein Skandal, geht für sie die Musik des rechtspopulistischen „Volks-Rock’n’-Rollers“ nicht mit Valentins hintersinnigem Humor zusammen. Wie lief die Verleihung?

München - Steht der Musiker Andreas Gabalier in der Tradition des legendären Volkssängers und Humoristen Karl Valentin? Ja, sagt die Münchner Faschingsgesellschaft Narrhalla, die den Österreicher deshalb am Samstag mit dem Karl-Valentin-Orden ehrte - und damit für einen Skandal sorgte. Die Empörung war groß: Seine Musik habe mit Valentins Kunst nichts zu tun, schimpfte Sabine Rinberger vom Münchner Valentin-Karlstadt-Musäum. Sie warf dem 34-Jährigen zudem rechtspopulistische, homophobe und frauenfeindliche Tendenzen vor.

 

Bei Konzerten füllt der selbst ernannte „„Volks-Rock’n’-Roller“ größte Hallen mühelos. Gabalier weiß, wie er die Massen begeistern kann mit „Hulapalu“ oder „So liab hob i di“. Als „Volkssänger 2.0“ würdigt ihn deshalb die Narrhalla. Volksmusik und Stadionrock.

Ein Steirer „Lausbua mit der Lederhosn“, der seinen Fans Lebensfreude gibt, Halt und Trost - so sieht er es selbst. Die Kritik sei eine Neiddebatte. „Die Missgunst ist groß im Land“, meint er. „Ich habe einen riesengroßen Erfolg, über den man sich freuen darf. Er schmeckt vielleicht nicht mehr allen, weil er wirklich große Massen bewegt.“

Menschliches Hakenkreuz?

Seine Kritiker verweisen indes auf die Sache mit dem Cover seines Albums „Volksrock’n’-Roller“ von 2011: Gabalier in seltsamer Pose, den Körper vornübergebeugt und Arme und Beine merkwürdig verrenkt. Ein menschliches Hakenkreuz, befanden manche.

Als frauenverachtend gilt vielen das Video zum Song „Hallihallo“, das vom tiefen Dekollete einer hübschen Frau zu einem prallen Kuheuter überblendet wird - welches Gabalier versonnen melkt. Und 2015 wurde er bei dem österreichischen Musikpreis Amadeus-Awards ausgebuht, als er sagte: „Man hat es nicht leicht auf dieser Welt, wenn man als Manderl noch auf Weiberl steht.“ Viele sahen darin eine Äußerung gegen gleichgeschlechtliche Liebe.

Österreichs Vizekanzler Hans Christian Strache sprang dem Musiker damals via Facebook bei: „Respekt! Andreas Gabalier lässt sich vom linken Mainstream nicht beeindrucken.“ Zum Karl-Valentin-Orden postete der Chef der als rechtspopulistisch geltenden FPÖ: „Allmählich zweifelt man am Verstand, aber nicht an dem von Herrn Gabalier. Das ist schon pathologischer Hass gegenüber andersdenkenden Kunstschaffenden.“

Die Medien hätten aus einer Fliege einen Elefanten gemacht, schimpft Gabalier. Er lasse politische Diskussionen und Anschuldigungen dieser Art „bewusst links liegen“. Die Vorwürfe seien haltlos, er distanziere sich davon. „Wenn alle Leute so tolerant wären wie ich, ich glaube, dann hätten wir auf dieser Welt überhaupt keine Sorgen.“

Die Kritik lässt Gabalier nicht völlig kalt, das ist ihm beim Ball der Narrhalla anzumerken. Aber: „Mein Hirschleder ist dick, die Lederhosn hält das aus“, scherzt er und verweist auf die Tracht, die er wie so oft zur Smoking-Jacke trägt.

Alt-Rock’n’Roller Peter Kraus (79) spricht ihm als Laudator der Ordensverleihung Mut zu. Nicht Kritik und Presse, sondern „deine Fans, die dir jahrelang die Treue halten, sind der wahre Maßstab für dein Können, deine Beliebtheit.“

Skandal war förderlich

Geschadet hat der Wirbel der vergangenen Tage nicht, ist Gabalier sicher. Quer durch alle Medien war vom Skandal um ihn die Rede. Das lässt die Klasse klingeln, so Gabalier: „Die Stadien werden noch voller werden.“

Bei allen Debatten um Rechtspopulismus und Frauenfeindlichkeit rückt indes in den Hintergrund, was Kern des Wirbels war: Dass einer den Karl-Valentin-Orden bekommt, der nach Ansicht der Kritiker nichts mit dem Volkssänger (1882-1948) zu tun hat.

Was verbindet Gabalier mit diesem umständlichen, ewig pessimistischen Komiker, dessen Humor oft voll herzergreifender Tragik ist? Die Antwort ist schwer zu bekommen. Gabalier sagt: „Die Fröhlichkeit, den Humor und diesen unermüdlichen Antrieb, eigentlich immer positiven Herzens voranzuschreiten.“

Vor allem sieht der Musiker den Orden als Belohnung für seine Erfolge als Sänger, „für Leistung, für viel Einsatz, für harte Arbeit, aber auch für viel Lebensfreude“. Selbstbewusst berichtet er vom Segen, den seine Konzerte bringen. Millionen Fans, die anreisen und sich in Schale werfen. „Man ist mittlerweile Wirtschaftsfaktor für viele Städte, in denen wir spielen. Das stärkt den Tourismus, das hat die ganze Trachtenindustrie angekurbelt.“

Unter den 49 Ordensträgern sind Senta Berger oder Hape Kerkeling. Streit gab es öfter, etwa als Schlagersänger Heino geehrt wurde. Die Hüter von Valentins kulturellem Erbe fordern deshalb, die Narrhalla müsse dem Volkssänger bei der Auswahl der Ordensträger mehr Respekt erweisen - oder den Orden am liebsten gleich umbenennen.