Die neue E-Klasse soll Mercedes-Benz wichtige Wachstumsimpulse bringen. Daimler-Chef Dieter Zetsche hat die jüngste Generation der wichtigsten Baureihe in Detroit präsentiert.

Stuttgart - Bei der Enthüllung der neuen E-Klasse geriet Dieter Zetsche in Detroit ins Schwärmen. „Wir haben große Pläne für Mercedes-Benz“, kündigte der Daimler-Chef im Ballsaal des Hotels Westin Book Cadillac unweit der Messe an. Neun neue oder aufgefrischte Modelle würden in diesem Jahr auf die amerikanischen Straßen kommen, so Zetsche, unter anderem der Roadster SL und der GLS, die S-Klasse unter den Geländewagen. Die wichtigste dieser Neuheiten sei die E-Klasse. „2016 wird unser Jahr der Traumautos“, kündigte der Daimler-Chef an.

 

Die E-Klasse ist das meistverkaufte Fahrzeug von Mercedes

Die E-Klasse hat seit jeher einen großen Stellenwert für den Stuttgarter Autobauer. Sie ist der Kern der Marke mit dem Stern. Mit mehr als 13 Millionen an Kunden übergebenen Wagen ist sie nach Angaben des Unternehmens das meistverkaufte Fahrzeug in der Geschichte von Mercedes-Benz. Seit 1947 wird die Baureihe im Werk Sindelfingen produziert. Vor zehn Jahren startete zusätzlich die Produktion in Peking. Die E-Klasse war damit das erste Fahrzeug der Marke, das lokal in China produziert wurde. Seit 2010 läuft dort die Langversion der Limousine vom Band, die in China gut ankommt, weil Kunden sich gerne chauffieren lassen und den geräumigeren Fond der Langversion schätzen. Im vergangenen Jahr wurden dort gut 58 000 Wagen dieser Variante verkauft – so viele wie nie. Insgesamt wurden weltweit fast 232 500 Wagen der Limousine und des Kombi-Modells der E-Klasse von Mercedes-Benz verkauft, bei einem Gesamtabsatz der Marke von 1,87 Millionen Wagen.

Im Wettbewerb mit dem Audi A6 und dem 5er von BMW kam die E-Klasse damit im Segment der oberen Mittelklasse im letzten vollen Verkaufsjahr allerdings nur auf den dritten Platz. Audi verkaufte fast 297 000 Exemplare vom A6, dessen aktuelle Generation in Europa seit 2011 auf dem Markt ist, vom 5er wurden nach Angaben der Bayern 347 000 Wagen verkauft. Gegen Jahresende will BMW den neuen 5er starten. Fachblätter wie „Auto Bild“ sprechen schon vom „härtesten Duell des Jahres“. Daimler will keine Zahlen zum Absatzziel der E-Klasse im laufenden Jahr äußern. „Wir erwarten starke Wachstumsimpulse“, heißt es. Die Limousine kommt im April zu den Händlern, der Kombi folgt im Herbst. Preise hat Mercedes-Benz noch nicht genannt. Es wird in der Branche damit gerechnet, dass die Preisliste bei etwa 42 000 Euro beginnt.

BMW hat die Führungsposition 2015 verteidigt

Obwohl die Modellpalette von Mercedes-Benz in den vergangenen Jahren kräftig ausgeweitet wurde und insbesondere kompakte Modelle sowie Geländewagen hinzugekommen sind, ist die E-Klasse nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer weiter das wichtigste Modell. Der Ertrag sei gut und liege fast auf dem Niveau der S-Klasse, die hier Spitzenreiter unter den Modellen sei. Der Absatz sei bei der E-Klasse aber deutlich größer als bei dem Flaggschiff von Mercedes-Benz, begründet der Chef des Duisburger Forschungsinstituts Car diese Einschätzung. Die C-Klasse schaffe zwar mehr Volumen, bringe aber weniger Ertrag.

Der Schwung der neuen E-Klasse wird nach Einschätzung Dudenhöffers auch dazu beitragen, dass Mercedes-Benz in diesem Jahr bereits zum weltweit absatzstärksten Premiumhersteller vor Audi und BMW aufsteigen werde, sagt der Duisburger Autoexperte voraus. Im vergangenen Jahr hat Mercedes-Benz, wie berichtet, bereits den Rivalen Audi überholen können, der 1,80 Millionen Autos verkaufte. BMW hat 2015 allerdings seine Spitzenposition noch einmal verteidigen können. Wie der Münchner Konzern am Montag mitteilte, legte die Marke BMW im vergangenen Jahr um 5,2 Prozent auf knapp 1,91 Millionen Fahrzeuge zu. Rechnet man die Marken Rolls-Royce und Mini hinzu, so kletterte der Absatz weltweit um sechs Prozent auf 2,25 Millionen Fahrzeuge.

Schritt nach vorn auf dem Weg zum automatisierten Fahren

Nach Einschätzung von Stefan Bratzel vom Auto-Forschungsinstitut CAM in Bergisch Gladbach haben die Stuttgarter mit der Technik der neuen E-Klasse „einen großen Schritt nach vorn“ gemacht, gerade auch auf dem Weg zum autonomen Fahren. Bratzel untersucht regelmäßig die Innovationskraft der Autobauer und sieht die Premiummarken Audi, BMW und Mercedes-Benz im Hinblick auf autonomes Fahren und Vernetzung international weit vorne.

Mit neuen Assistenzsystemen kann die neue E-Klasse unter anderem auf Autobahnen und Landstraßen nicht nur automatisch den Abstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen halten, sondern ihnen erstmals bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h folgen. Der Fahrer muss dann im normalen Betrieb weder bremsen noch Gas geben und wird auch durch kleine Lenkeingriffe etwa in moderaten Kurven unterstützt. Außerdem vernetzt sich die Limousine über einen Server mit anderen Fahrzeugen und kann auch per Smartphone-App geöffnet und eingeparkt werden.