Bei einer Veranstaltung unserer Zeitung hinterlassen persönliches Auftreten und Schwäbischkünste des Mercedes-Chefs Ola Källenius einen bleibenden Eindruck. Zu E-Autos und Verbrenner positioniert sich Källenius klar – und überrascht damit viele.
Bis in die letzte Reihe füllten die Abonnenten unserer Zeitung am Dienstagabend den Saal im Stuttgarter Haus der Wirtschaft. Innerhalb von zwei Stunden war die Gesprächsrunde mit Ola Källenius ausgebucht. Kein Wunder: Der Mercedes-Chef ist ohnehin eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Region. Doch angesichts des massiven Umbruchs in der Automobilbranche und einer Delle im E-Auto-Absatz waren viele zudem neugierig, was der Vorstandschef selbst zur Lage des Konzerns sagt.
Einen bleibenden Eindruck hinterließ das persönliche Auftreten Källenius’. „Er hat sich glänzend geschlagen und ruhig, sachlich und begründet geantwortet“, sagte Matthias Kleinert aus dem Publikum, der in den 80er-Jahren selbst die Kommunikation der damaligen Daimler-Benz AG leitete. „Von einer Krise habe ich bei Ola Källenius’ Auftritt wenig gespürt“, meinte auch Leserin Ute Kirschbaum.
Überrascht hat Källenius viele mit seiner Ankündigung, Mercedes werde auch Verbrenner-Modelle weiterentwickeln. Einige Leserinnen und Leser werteten das als wichtiges und ehrliches Eingeständnis. Doch dass Källenius auch die Dekarbonisierung als „das richtige Ziel“ und E-Autofahrer als die„überzeugtesten Mercedes-Kunden“ benannte, passte nicht für alle Zuhörerinnen mit dem Festhalten am Verbrenner zusammen. Die Stimmen des Abends:
Mathias Seifert (42), Consulting Director: Wenig Ambitionen bei Källenius
„Mir hat gefallen, dass Ola Källenius weitgehend auf Floskeln verzichtet hat. Aber die Ansage war mal, Mercedes will bis 2030 weg vom Verbrenner. Ich wusste bereits, dass sie davon abgerückt sind. Heute sagte Herr Källenius, dass sie bis Ende 2030 zu 50 Prozent eine Kombi aus Elektro und Hybrid wollen. Das finde ich wenig ambitioniert – gerade, weil er so positiv über die E-Mobilität gesprochen hat.“
Kira Daxhammer (31), Kundenmanagerin: Clever ausgewichen
„Ola Källenius war sympathisch. Er ist teilweise clever ausgewichen. Die Dekarbonisierung scheint sein Hauptziel zu sein, aber Meilensteine definierte er nicht klar. Aber hätte ich an seiner Stelle wohl auch so gemacht. Denn die Balance zwischen wirtschaftlichen und ökologischen Zielen ist schwierig.“
Matthias Kleinert (86), ehem. PR-Leiter Daimler-Benz: Ehrliche Zuversicht
„Aus der Veranstaltung gehe ich mit mehr Zuversicht. Herr Källenius hat die Herausforderung der Transformation nicht verschwiegen. Aber er strahlt Mut und Optimismus statt Resignation aus: Man kann es bewältigen. Dass er die Fortführung des Verbrenners klar benannt hat, war wichtig – auch für eine realitätsbewusste politische Debatte. Zuvor schwirrte es nur immer einmal durch die öffentliche Diskussion, jetzt ist es eindeutig. “
Ute Kirschbaum (44), Referentin im Kultusministerium: Klares Bekenntnis
„Ola Källenius wirkte entspannt, hat eine stabile Lage bei Mercedes vermittelt. Ich war überrascht, dass er sich so klar für die E-Mobilität positioniert hat. Mein Eindruck in den letzten Wochen war ein wenig anders. Den Verbrenner weiterzuverfolgen, halte ich angesichts seiner Forderung nach Dekarbonisierung für falsch.“
Lars Hagen (38), Ingenieur: Falscher Fokus auf Luxus
„Herr Källenius hat jede Frage souverän und charismatisch beantwortet. Für mich war wichtig, dass Mercedes trotz einiger Eingeständnisse beim Verbrenner weiter konsequent in die Transformation zur Elektromobilität investiert. Bei der Luxusstrategie stimme ich Ola Källenius aber nicht zu. In den Autos steckt zwar mehr Technik, aber sie werden immer teurer – auch in der Kompaktklasse. Können sich junge Leute selbst Einstiegsmodelle noch leisten? Vielleicht sollte man da umdenken.“
Peter Haas (77), Ingenieur: Ordentliches Schwäbisch
„Ich bin zufrieden über die ausgewogene Strategie, die Ola Källenius in Sachen E-Mobilität vorgelegt hat. Mercedes hat sich Zeit gelassen mit dem E-Mobil und ist auf dem Markt heute in einer besseren Position, als ich erwartet hätte. Um Herrn Källenius kritisieren zu können, müsste ich in derselben Position sein wie er. Ich vertraue auf ihn, dass er seine Arbeit richtig macht. Und er hat heute auch ein ordentliches Schwäbisch verwendet – es gibt also keinen Grund, ihm zu misstrauen.“
Stefan Sailer (62), in Altersteilzeit: Große Herausforderung
„Ich bin ehemaliger Mitarbeiter, war 35 Jahre lang im Unternehmen tätig und wollte die Gelegenheit nutzen, Ola Källenius ein wenig kennenzulernen. Die Automobilindustrie steht vor großen Herausforderungen, doch er verbreitet nach wie vor Zuversicht. Aber auch Herr Källenius kann nicht alles beeinflussen. Nimmt politischer Protektionismus zu, wird Mercedes das als Exportunternehmen spüren.“
Im Gespräch
Unsere Zeitung lädt regelmäßig Abonnentinnen und Abonnenten zu Veranstaltungen mit hochkarätigen Persönlichkeiten ein, die im Gespräch mit Chefredaktion und Publikum Rede und Antwort stehen