Ist es nach drei Jahren außergewöhnlicher Dominanz schwierig, Ihr Formel-1-Team noch zu motivieren?
Es ist einfacher, eine Underdog-Mannschaft zu motivieren. Da kannst du mit einem Feindbild arbeiten, das es zu schlagen gilt. Schwieriger wird es, wenn dein Team selbst der Maßstab ist und du mit dem Fadenkreuz am Rücken durch die Gegend läufst. Wir verbringen sehr viel Zeit damit, uns die richtigen Ziele zu setzen. Deshalb kam die Regeländerung mit den neuen Reifen eigentlich zur besten Zeit. Denn der vermeintliche Vorteil, den wir zuvor durch das stabile Regelwerk hatten, der ist jetzt weg.
Ihnen steht ein schwieriges Jahr bevor?
Es gab in der Vergangenheit keinen Rennstall, der über eine massive Regeländerung hinaus erfolgreich geblieben war. Meist ist dann wieder ein anderes Team besser aus den Startblöcken gekommen. Aber das ist eine große Motivation für uns.

Zu viel Stress mit den Fahrern

Ein wichtiger Teil Ihrer Mannschaft hat sich Knall auf Fall verabschiedet. Waren Sie da auch mal richtig böse auf Nico Rosberg?
Überhaupt nicht. Ich habe sofort versucht, in dieser Situation auch eine Gelegenheit zu sehen. Einerseits war Nico ein Leistungsträger, der sich und seinen Teamkollegen zu Höchstleistungen gepusht hat, zum anderen ist die Rivalität zwischen Lewis und Nico so intensiv geworden, dass sie für das Team negativ war. Wir mussten uns immer wieder mit dem Medienecho beschäftigen, das diese Rivalität ausgelöst hat – anstatt uns um Performance-Themen zu kümmern. Diese Animositäten haben teilweise richtige Wellen bei uns geschlagen. Das war nicht gut.
Hätte Rosberg seinen Titel verteidigen müssen?
Es ist wichtig, für sich selbst festzustellen, was einen antreibt. Das kann sich auch verändern. Ich kann seine Situation nachvollziehen. Nico hat keine finanziellen Sorgen, einen glücklichen Familienstatus und er hat sein Ziel, Formel-1-Weltmeister zu werden, erreicht. Außerdem hat er mit Sicherheit Jahre hinter sich, die alles andere als einfach waren. Die Belastung, unter dem Druck der Öffentlichkeit in einem Mercedes gegen einen Lewis Hamilton zu bestehen - all das sind Faktoren, die man verstehen muss. Ich glaube, als er in den letzten Runden des letzten Rennens diesem Druck standhalten musste, da war er an den Punkt gekommen, an dem er sich sagte: Ich will das nicht mehr. Ich habe großen Respekt davor, dass einer mal aus dem Hamsterrad rausspringt und sagt: Auf Wiedersehen!

Bottas hat wenig Zeit

Zwischen Hamilton und dem Rosberg-Nachfolger Valtteri Bottas läuft jetzt alles prima?
Wir haben eine super Stimmung zwischen den beiden im Team. Mal sehen, wie lange es hält.
Bottas ist ein umgänglicher Mensch, es dürften ruhigere Zeiten anbrechen.
Ich erwarte jetzt zu Anfang mal ruhigere Zeiten. Aber wenn Valtteri mal richtig reinhält und die beiden dann um Rennsiege fahren oder sich das eine oder andere Mal näher kommen, dann wird es genauso schwierig werden, da mache ich mir keine Illusionen. Bottas weiß selbst, dass er wenig Zeit hat und sich beweisen muss.
Wie schnell war Ihnen klar, dass der Finne der richtige Mann ist? Haben Sie da auch auf die soziale Kompetenz geachtet?
Wir können es uns nicht leisten, jemanden ins Auto zu setzen, der nicht schnell genug ist und Lewis nicht gut genug voranbringt, das ist das eine. Zudem hat bei der Entscheidung für Bottas seine Persönlichkeit eine Rolle gespielt. Valtteri ist extrem ruhig, unpolitisch, nicht manipulativ – ihn mit Lewis zusammenzubringen ist also die richtige Kombination.