Auf dem CDU-Parteitag in Essen hat Kanzlerin Merkel ihre Parteikollegen auf einen harten Wahlkampf eingestimmt. Merhel gab sich emotional, kämpferisch, persönlich – und erntete elf Minuten Applaus.

Essen - Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hat ihre Partei auf einen harten Bundestagswahlkampf im nächsten Jahr eingestimmt und eindringlich um Unterstützung gebeten. „Ihr müsst mir helfen“, sagte die 62-Jährige zu den rund 1000 Delegierten in der Essener Grugahalle. „Die Bundestagswahl wird schwierig wie keine Wahl zuvor, zumindest seit der Einheit. Sie wird wahrlich kein Zuckerschlecken.“

 

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Merkel wollte sich an diesem Dienstag zum neunten Mal zur CDU-Vorsitzenden wählen lassen. Sie steht seit fast 17 Jahren an der Spitze ihrer Partei und will sie 2017 auch zum vierten Mal als Kanzlerkandidatin in den Bundestagswahlkampf führen.

In ihrer 77-minütigen Rede wurde Merkel erst in der letzten Viertelstunde kämpferisch und persönlich. Ihre Entscheidung, nochmals als Kanzlerkandidatin anzutreten, sei alles andere als trivial gewesen - „weder für das Land, noch für die Partei, noch für die Person“, sagte die Parteivorsitzende. „Ich will immer noch und immer weiter ins Offene gehen.“

Gegen das Regierungsmodell Rot-Rot-Grün

Merkel machte deutlich, dass der Wahlkampf gegen das Regierungsmodell Rot-Rot-Grün gerichtet wird. „Wir haben die Aufgabe, so stark zu sein, dass das verhindert wird“, sagte sie. „Unsere Zukunft hängt einzig und alleine von unserer eigenen Stärke ab.“ Auf gezielte Angriffe gegen die politischen Gegner verzichtete Merkel allerdings weitgehend.

Die Parteivorsitzende wurde von Delegierten mit elf Minuten stehendem Applaus gefeiert. Während ihrer Rede erhielt sie besonders viel Beifall für ihre Forderung nach einem Burka-Verbot, wo immer das rechtlich möglich ist. „Bei uns heißt es: Gesicht zeigen, deswegen ist die Vollverschleierung nicht angebracht“, sagte sie. Die CDU will die Burka - die Vollverschleierung - etwa vor Gericht, bei Polizeikontrollen und im Straßenverkehr verbieten.

Eine neue Botschaft brachte Merkel in Sachen Flüchtlingspolitik nicht nach Essen mit. „Eine Situation wie die des Spätsommers 2015 kann, soll und darf sich nicht wiederholen. Das war und ist unser und mein politisches Ziel“, bekräftigte sie. Im vergangenen Jahr waren 890 000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Die CSU verlangt deshalb eine Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr. Merkel lehnt das ab.

Schwesterparteien müssen das Beste für Deutschland tun

Sie rief CDU und CSU zu Geschlossenheit auf. Die Schwesterparteien hätten es immer geschafft, das Beste für Deutschland zu tun, wenn es darauf angekommen sei. Dies gelte auch für die Flüchtlingspolitik, sagte die Kanzlerin, ohne den Streit mit CSU-Chef Horst Seehofer über eine Obergrenze direkt anzusprechen. Die Union sei „die politische Erfolgsgeschichte in Deutschland“.

Seehofer wurde nicht zum Parteitag eingeladen. Die Schwesterpartei wird in Essen von Generalsekretär Andreas Scheuer und der Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, vertreten.

Als Erfolge ihrer bisher elfjährigen Amtszeit nannte Merkel die Halbierung der Arbeitslosigkeit und die Stärkung der Wirtschaft. „Vor elf Jahren galten wir als der kranke Mann Europas, heute (.) sind wir Stabilitätsanker“, sagte sie.

Außenpolitisch nannte Merkel angesichts wachsender internationaler Ungewissheiten die Stabilisierung der EU als das vorrangige Ziel. „Wir müssen in dieser Lage, in der die Welt aus den Fugen geraten ist, zunächst alles daran setzen, dass Europa nicht noch schwächer aus den Krisen hervorgeht, als es hineingegangen ist“, sagte die Kanzlerin. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas müsse gerade in der Krise gestärkt werden. „Denn Deutschland geht es nur dann gut, wenn es auch Europa gut geht.“

Merkel beklagte, dass die Staatengemeinschaft noch nicht einmal Hilfslieferungen für die umkämpften Gebiete in Syrien zustande bringt. „Das ist eine Schande, dass es uns bis jetzt nicht gelungen ist, Hilfskorridore dort hinzubekommen, und dafür müssen wir weiter kämpfen.“

Die Wahl Merkels war für Dienstagnachmittag geplant. Ihr bisher bestes Ergebnis lag bei 97,9 Prozent, ihr schlechtestes bei 88,4 Prozent. Eine Gegenkandidatur gibt es - wie in den vergangenen Jahren - nicht.