In China wird Angela Merkel – zur klammheimlichen Freude des chinesischen Premiers – zunächst auf die BND-Affäre mit den USA angesprochen. Doch bei dem Besuch geht es vor allem um ein möglichst dickes Auftragsbuch für die deutsche Wirtschaft.

Korrespondenten: Inna Hartwich

Peking - Drei Tage lang hatte sie sich zurückgehalten, war den Fragen ausgewichen, es hatte schließlich anderes im Vordergrund gestanden. China zum Beispiel. Das heißt Fabrikbesichtigung, wirtschaftliche Kooperation, selbst das Zuschauen bei der Zubereitung eines scharfen Hühnchens in der chinesischen Provinz. Der Spionage-Affäre aber entkommt Bundeskanzlerin Angela Merkel auch 7350 Kilometer vom aufgeregten Berlin nicht. Im feucht-heißen und versmogten Peking, vielmehr aber im klimaanlagen-gekühlten Taiwan-Raum der Großen Halle des Volkes, stellt sie sich schließlich dem Problem. Es geht nicht mehr anders. Der BND-Fall, sagt die Kanzlerin, sei „ein sehr ernster Vorgang“. Der Generalstaatsanwalt prüfe noch. Aber: „Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, so steht das für mich in einem klaren Widerspruch zu dem, was ich unter vertrauensvoller Zusammenarbeit von Diensten und auch von Partnern verstehe.“

 

Chinas Premier Li Keqiang, links neben der Kanzlerin, schaut da selbstbewusst und sagt: „Wir sind beide Opfer und sehen es wie Deutschland, dass man mit solchen Methoden nicht erfolgreich sein kann.“ Damit nimmt er sein Land aus der Schusslinie, obwohl auch die Chinesen durchaus in Cyberattacken geübt sind und es eigentlich nicht einmal mehr verschweigen.

China spricht von Austausch – und denkt an sich selbst

An diesem Tag aber, an dem er den geschätzten Besuch aus Deutschland mit militärischen Ehren empfangen hat, spricht Li gern und viel von Ähnlichkeiten, vom regen Austausch, ja, vom Nutzen rund um den Globus, wenn Deutschland und China zusammenarbeiten. „Beide sind wir Nationen mit Einfluss in der Welt.“ Der Premier wirkt geradezu entspannt, versucht sich an einigen deutschen Worten, gibt Ratschläge an Journalisten, doch bitte auf ihre Gesundheit zu achten. Den salbungsvollen Worten von der deutsch-chinesischen Gleichheit zum Trotz sind es vor allem die Unterschiede, die immer wieder für Gesprächsstoff sorgen. Warum dürfen Deutsche nicht Mehrheitseigentümer bei chinesischen Firmen werden? Warum müssen sie überhaupt in Joint-Ventures arbeiten? Warum ist der Marktzugang für inländische und ausländische Unternehmen nicht gleich? Mehr Öffnung müsse her, dazu gehörten auch mehr Freiheiten für jeden Einzelnen und ein freier Meinungsaustausch, bemerkt Merkel.

Die Kanzlerin ist zum siebten Mal in China, sie gilt immer noch als Türöffner für wirtschaftliche Kooperation. So unterschreiben auch diesmal mehrere Unternehmen Abkommen in Milliardenhöhe. VW vereinbarte mit seinem chinesischen Partner FAW zwei zusätzliche Standorte in China: in Qingdao, einst deutscher Handelsstützpunkt, und in Tianjin, unweit von Peking. Dafür wird jeweils ein Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro angesetzt. Damit hat VW mittlerweile 18 Standorte in China. Der Airbus-Konzern unterzeichnete einen Vertrag über die Lieferung von 100 Hubschraubern im Wert von rund 300 Millionen Euro. Sie sollen „zivilen Zwecken“ dienen, hieß es aus Delegationskreisen. Die Lufthansa unterschrieb eine Absichtserklärung über die Gründung eines weiteren Joint Ventures mit AirChina. China soll 2015 auch Gastland der Computermesse Cebit in Hannover sein. Das vereinbarte die Deutsche Messe AG.

Die Schaffung eines Rechtsstaats ist eine Herausforderung

Zwischen den „Innovationspartnern“ geht es nicht so sehr um politische Fragen, mag die Kanzlerin da immer wieder sagen, dass Menschenrechte und Wirtschaft stets Hand in Hand gingen. Die Chinesen wiederholen gern solche Worte, definieren sie jedoch anders. „Natürlich haben wir Probleme und müssen harte Nüsse knacken“, sagt Li Keqiang und betont, wie viele Millionen Menschen doch Chinas Regierung aus der Armut befreit habe. „Wir haben ihnen Träume gegeben. 200 Millionen Menschen sind aber immer noch arm. Es warten viele Herausforderungen.“ Die größte dabei liegt – darauf pochen die Deutschen immer wieder und immer zurecht – in der Schaffung eines Rechtsstaates. Das spricht Merkel auch bei ihrem Abendessen mit Staatspräsident Xi Jinping am Abend an.