In Ludwigsburg hat die Bundeskanzlerin eine Kostprobe vom Unmut der CDU im Land bekommen.  

Sie habe sich schon überlegt, „soll ich herkommen oder nicht“, sagte Angela Merkel, als sie im Ludwigsburger Forum vor die 383 Delegierten des Landesparteitages trat. Nicht dass „Sie „zwangsweise klatschen müssen“. Das taten sie nicht. Der Begrüßungsbeifall für die Bundeskanzlerin war hoffnungsfroh anhaltend. Allerdings hielten sich die Basisvertreter auch nicht mit Unmutsäußerungen zurück, als die Regierungschefin am wundesten Punkt angelangt war – dem sich anbahnenden Kurswechsel der Bundespartei in der Schulpolitik. Der Bildungsministerin Annette Schavan, die im Südwesten Kultusministerin war und für Ulm im Bundestag sitzt, galten gar einzelne Buhrufe. Ihr wird die in Berlin avisierte Abkehr von der Hauptschule angelastet, was bis vor Kurzem für die Christdemokraten im Südwesten noch undenkbar schien.

 

Merkel bemühte sich, Verständnis bei den Baden-Württembergern zu wecken: „Wir müssen die Realitäten zur Kenntnis nehmen“, rief sie. Dass Baden-Württemberg noch eine wachsende Kinderzahl vorweisen könne, sei eine Ausnahme. Andere Länder müssten sich wegen sinkender Zahlen sorgen. Das untergrabe dort die Hauptschulen. „Wenn wir die Einheitsschule nicht haben wollen, müssen wir einen differenzierten Weg gehen, sonst machen wir auch das Gymnasium kaputt“, sagte Merkel. „Wir müssen doch für die nächsten zehn und 20 Jahre denken.“

Doch die Botschaft der Kanzlerin erreichte die wenigsten. Sie mahnte ihre Parteifreunde, „die Gesellschaft ist vielfältiger und inhomogener geworden“. Sie sorgt sich, „dass wir vielleicht nicht tolerant genug zueinander sind“. Doch ungeachtet dessen verlangten die Basisvertreter in Ludwigsburg im weiteren Verlauf des Tages immer wieder, der „Markenkern“ der Union sei wieder klarer herauszuarbeiten.

"Wir haben über dieses Land nicht geherrscht"

Den Parteitag begonnen hatte Stefan Mappus mit seinem letzten Rechenschaftsbericht als Landesvorsitzender. Das Ergebnis der Landtagswahl sei „auch für mich eine persönliche Niederlage“. Doch sei es keine Schande zu verlieren. „Auch wenn man stark gespielt hat, kann man geschlagen vom Feld gehen.“ Die CDU habe „ein Land übergeben, das in allen Bereichen hervorragend aufgestellt ist“. Die Union könne „stolz darauf sein, wofür sie steht“.

Mappus wehrte sich gegen die Aussage, eine 58-jährige CDU-Herrschaft sei zu Ende gegangen. „Wir haben über dieses Land nicht geherrscht; wir haben es regiert, weil uns die Menschen immer wieder das Vertrauen gegeben haben.“ Erneut machte er die Medien für das schlechte Abschneiden bei der Wahl mitverantwortlich. Baden-Württemberg sei „ein Juwel unter den Bundesländern“. Dafür habe sich vor der Wahl aber niemand interessieren wollen.

Bei der Vorstellung der beiden Bewerber um die Spitzenposition gab Thomas Strobl die bessere Figur ab. Der Heilbronner Bundestagsabgeordnete fand einen Ton, der die Delegierten stärker mitriss. Etwa, als er Grün-Rot scharf angriff: „Wir werden dafür sorgen, dass diese Landesregierung so schnell wie möglich wieder abgelöst wird.“ Die Grünen machten „keine Politik für die Gesamtheit der Bürger“. Das „müssen wir deutlich machen“. Die Finanzpolitik der neuen Landesregierung sei nicht nachhaltig: „So bringt man Griechenland nach Baden-Württemberg.“

Notfalls gegen Einheitsschule auf die Straße gehen

Auch die ideologiebeladenen Bildungsdebatten könne er „nicht mehr hören“. Schule sei für die Kinder da, „und kindgerecht heißt Vielfalt, nicht Einheit“. Notfalls werde man gegen die grüne Einheitsschule „auf die Straße gehen“. Strobl will auf einem Sonderparteitag im Land dem Thema breiteren Raum einräumen. Dort soll sich die Landespartei auch eine Meinung zu den Ideen auf Bundesebene bilden. Ohnehin solle die Partei aktiver werden. „Die CDU Baden-Württemberg muss wieder politischer werden“, sagte Strobl. Er wünsche sich, dass sich die Parteitage „mehr in Richtung Diskussion und weniger in Richtung Akklamation entwickeln“. Er sieht sich „als Brückenbauer“. Er sei schon lange in der Heilbronner Kommunalpolitik, habe zuletzt das beste Stimmenergebnis erzielt. „Das geht nicht ohne Basisarbeit.“

Der Landesverband müsse sich aber auch auf Bundesebene einbringen. „Der CDU-Landesvorsitzende ist per se Bundespolitiker.“ Sein Konkurrent Winfried Mack hatte zuvor seine Basisverbundenheit betont. „Der Meinungsbildungsprozess muss von unten nach oben gehen“, sagte der 46-jährige Landtagsabgeordnete aus Ellwangen. Die Christdemokraten müssten „den Menschen mehr zuhören und auf ihre Alltagsprobleme eingehen“. Die Bundes-CDU, so Mack, habe gewachsene Positionen angegriffen, dagegen werde sich „der zweitgrößte Landesverband wehren“. Er warb für einen „Landesvorsitzenden, der in Berlin niemandem verpflichtet, aber im Land verwurzelt ist“. Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, gratulierte Strobl „zu diesem souveränen Ergebnis“. Er sei sich sicher, „dass wir als starke Doppelspitze auf Landes- und Bundesebene die CDU Baden-Württemberg wieder nach vorne bringen“.