Die Kritik Merkels am US-Präsidenten ist ein für sie nützliches Signal nach innen. Sie schlägt der SPD damit womöglich ein gutes Thema aus der Hand, meint Christopher Ziedler.

Berlin - Angela Merkel erlebt den dritten US-Präsidenten, der von Europa und Deutschland mehr internationales Engagement verlangt. Und dass mit Donald Trump ein irrationaler Faktor in die transatlantischen Beziehungen gekommen ist, weiß die Kanzlerin nicht erst seit dem langen Gipfelwochenende. Nun aber übt sie, die bisher stets die Gemeinsamkeiten gesucht hat, ihre erste direkte Kritik an Trump ausgerechnet, als es Fortschritte beim Thema Handel gab. So drängt sich der Verdacht auf, dass Merkels Bierzelt-Äußerung nach innen gerichtet ist.

 

Vor der Wahl im September kann die CDU-Chefin damit eventuell ein Thema abräumen, mit dem SPD-Herausforderer Martin Schulz ihr gefährlich werden könnte: Er wirft ihr seit Monaten vor, Trump beim Nato-Ausgabenziel für das Militärische blindlings zu folgen. Nun kann Merkel argumentieren, die Mehrausgaben in Europas Verteidigungsbereitschaft zu stecken. Hinzu kommt, dass ein lautes Kontra in Richtung Amerika einem Wahlkämpfer in Deutschland noch selten geschadet hat. Wie gefährlich Merkels neuer Tonfall für die SPD sein könnte, hat deren Generalsekretärin Katarina Barley sofort verstanden. Sie versuchte, Merkel als Trump-Kritikerin im Bierzelt und als Trump-Getreue auf großen Gipfeln darzustellen. Ob diese Lesart verfängt, erscheint fraglich.