Mesale Tolu ist nach langer Untersuchungshaft aus der Türkei im August nach Deutschland zurückgekehrt und geht davon aus, dass sie bei einer Rückkehr wieder inhaftiert werde. Der Staatsbesuch des türkischen Präsidenten in Deutschland beunruhige sie.

Friedrichshafen - Die nach langer Untersuchungshaft aus der Türkei zurückgekehrte deutsche Journalistin Mesale Tolu rechnet damit, dort zu einer Haftstrafe verurteilt zu werden. „Ich weiß, dass dieses Regime sich keinen Fehler eingestehen wird“, sagte Tolu am Donnerstag in Friedrichshafen bei der Veranstaltung Bodensee Business Forum (BBF). „Das haben wir bei vielen Prozessen gegen Journalisten gleich welcher politischen Richtung beobachtet. Sie alle sollen letztlich Terrorpropaganda betrieben haben.“

 

Noch habe sie nicht entschieden, ob sie wieder in die Türkei reisen werde, sagte Tolu weiter. „Wenn, dann fahre ich nicht freiwillig, ich wäre auch lieber in Deutschland in Sicherheit.“ Weil aber ihr Ehemann Suat Corlu dort weiterhin mit einer Ausgangssperre belegt sei und in der Türkei bleiben müsse, wolle sie zurückreisen.

Staatsbesuch Erdogans beunruhigt Tolu

Der Staatsbesuch des türkischen Präsidenten vom 27. bis 29. September in Deutschland beunruhige sie, sagte Tolu. „Für mich ist es sehr unangenehm zu wissen, dass er mit vollem Glanz empfangen wird.“ Als Bundeskanzlerin Angela Merkel die Türkei kurz vor der dortigen Wahl besucht habe, hätten türkische Medien dies als Unterstützung des Systems gewertet. Die Bundesregierung müsse öffentlich auf die Menschrechtssituation in der Türkei hinweisen „und nicht hinter verschlossenen Türen“.

Die in Ulm geborene Journalistin, die für die linke Nachrichtenagentur Etha arbeitete, hatte in der Türkei mehr als sieben Monate lang wegen Terrorvorwürfen in U-Haft gesessen. Tolus Prozess wird ungeachtet ihrer Ausreise fortgeführt.