Kann, was krabbelt und kreucht, lecker sein? Die neue Genussmesse Speis und Trank zeigt, dass alternative Proteinquellen im Trend sind. Qualvolle Tierhaltung verändert die Nachfrage. In Deutschland gehen Insekten aber nur gut, wenn man sie nicht als solche erkennt – etwa als Burger oder Riegel.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart/Fellbach - Wer hat Gelüste auf Mehlkäfer oder Wüstengarnelen? Weltweit gibt es über 2000 essbare Insektenarten. Im Wok angebratene Heuschrecken gelten in Thailand als Delikatesse. Nur in Deutschland tun sich die Gliederfüßer schwer, auf den Speiseplan zu krabbeln. Junge Startup-Unternehmen wie die Bearprotein GmbH glauben, dass sich dies bald ändern wird – mit einem wesentlichen Unterschied im Vergleich zum asiastischen Markt. „Ganze Insekten, denen man also ansieht, dass sie Insekten sind, gehen bei uns noch nicht“, sagt Markus Fiedrich, ein Pionier der etwas anderen Ernährung. Bei Shrimps auf dem Teller störe sich längst keiner mehr – dies könne eines Tages auch bei Grillen so sein, so hofft er.

 

Der 25-Jährige lässt Insekten mit hohem Protein-Gehalt zu Mehl verarbeiten. Daraus werden mit weiteren Bio-Zutaten Snacks in den Geschmacksrichtungen „Salzige Schokolade“ oder „Apfel und Zimt“. Luca Salvatore, einer der Macher der neuen Messe Speis und Trank, die am 20. und 21. Oktober Premiere in der Alten Kelter in Fellbach feiert, ist ganz begeistert davon. „Die Riegel schmecken nicht anders als andere gesunde Snacks“, versichert er. Das in den Berliner Medien hochgelobte und mit staatlichen Geldern geförderte Unternehmen Bearprotein ist in Bio-Supermärkten in Stuttgart präsent und lädt nun bei der Genussmesse unterm Kappelberg zum Probieren ein.

Die Grillen werden zu Mehl verarbeitet

Pasta mit Insekten-Pulver, nussig schmeckende Buffalo-Würmer, Burger aus Würmer-Laven – seit die EU Anfang des Jahres die Lebensmittelverordnung geändert hat und aufgeschlossener gegenüber Krabbel-Getier ist, erobern Insekten die Lebensmittelregale. Die Zahlen, so meinen die jungen Leute von Bearprotein, sprechen für die Insekten-Food-Branche, die in Deutschland rasant wächst: Laut der UN-Studie verbraucht jedes Kilo Rindfleisch, auf die komplette Produktion gerechnet, etwa 22 000 Lite Wasser. Bei Heuschrecken, Mehlwürmer und Co. sei dies nur ein Bruchteil davon – – und sie könnten obendrein lange Dürren überstehen. Gleichzeitig produzierten Insekten deutlich weniger CO2 als Kühe oder Schweine. Die Sechsfüßer kämen gut mit wenig Platz aus, während die klassischen Nutztiere in engen Käfigen leiden müssten.

„In Kanada werden unsere Grillen unter Bio-Ansprüchen gezüchtet und zu Mehl verarbeitet“, erklärt Gründer Fiedrich. Der Transport nach Deutschland erfolgt per Schiff. Zielgruppe sind „gesundheitsbewusste Menschen, aber auch alle, die wenig Zeit haben und einen proteinhaltigen Snack für zwischendurch wünschen“.

Die preisgekrönte Bar Jigger & Spoon ist mit dabei

Die Freude am Genuss ist in Stuttgart und der Region so groß, dass es mit der Messe Speis und Trank nun eine weitere Anlaufstelle für die Feinschmecker der Region, für Freunde handgemachter Köstlichkeiten und für all die gibt, die neugierig auf Foodtrends sind und die sich gern mal einen Tag durchschlemmen. Hinter dem neuen Angebot, das am Samstag, 20. Oktober, von 11 bis 19 Uhr und am Sonntag, 21. Oktober, von 11 bis 18 Uhr geöffnet ist, stehen die Macher der Frühlingsmesse Tisch und Tafel. „Dort steigt das Interesse von Jahr zu Jahr so sehr an, dass wir auch im Herbst etwas machen wollten“ , sagt Projektleiter Luca Salvatore.

Bei der Speis und Trank stellen sich kleine Manufakturen, Hersteller von Craftbeer, Winzer, Brennereien und weitere Genussexperten vor. Unter anderem dabei: die preisgekrönten Macher von Ginstr aus Stuttgart. Die Tresorbar Jigger & Spoon aus dem Heusteigviertel, eben zur „Besten Bar Deutschlands des Jahres 2019“ gekürt, serviert in der Alten Kelter Cocktails. Erwartet werden an beiden Tagen insgesamt 5000 bis 6000 Besucher. Werden ihnen die Insektensnacks schmecken? Wenn nicht, kann man notfalls mit dem weltbesten Gin Tonic nachspülen.

In den Niederlanden werden Insekten in Farmen gezüchtet

„Es ist reine Kopfsache, ob man sich auf den Verzehr von Insekten einlässt“, sagt Startup-Unternehmen Fiedrich. Der Ekel vor Krabbelgetier ist, anders als in Asien, in der europäischen Kultur verankert. Bei dem Bearprotein-Geschäftsführer war dies schon immer anders. Schon in jungen Jahren hat er Mehlwürmer gezüchtet und Heuschrecken gegrillt. „Der nussige Geschmack ist sehr gut“, findet er.

Als er mit Diana Ohl und Alexander Pfaff die Startup-Firma gegründet hat, schauten sie sich in einem Nachbarland um. Die Niederlande, sagt der 25-Jährige, sind weiter, was die Ernährung der Zukunft angeht. Dort werden in Farmen gezüchtete Insekten etwa in Nudeln, Müsliriegel und Brot verarbeitet. Das Chitin in den Panzern von Mehlwürmern kann nach ersten Studien den Cholesterinspiegel senken. Die Konsumenten wollen keine Fühlerchen oder Beinchen in den Lebensmitteln erkennen, sonst stoppt die Ekel-Barriere die Akzeptanz. Selbst die Tötung der kleinen Tiere sei moralisch vertretbar, heißt es bei den Startups. Die Insekten kommen in eine Kältekammer, wo sie in eine Art Schockstarre fallen. Wenn man die Temperatur weiter hinunterfährt, sterben sie. Guten Appettit!

Infos zu Speis und Trank:

Messe Die Macher der beliebten Frühlingsmesse Tisch und Tafel sind nun auch im Herbst aktiv: Am Samstag, 20. Oktober, 11 bis 19 Uhr, und am Sonntag, 21. Oktober, 11 bis 18 Uhr, präsentieren sie ihre neue Messe mit dem Namen Speis und Trank in der Alten Kelter in Fellbach. Die Tageskarte kostet 10 Euro.

Angebot Vom Sushi-Lädle bis zu Gin-Produzenten, von Craftbeer bis zu Sirup, von der Currywurstsoße bis zum Ziegenkäse – das Angebot ist groß. Besucherinnen und Besucher können schlemmen, trinken und probieren. Zu den Ausstellern zählen vor allem kleinere Manufakturen, Startup-Unternehmen, Winzer und besondere Brennereien.

Programm Auf der Bühne in der Alten Kelter wird es an beiden Tagen ein umfangreiches Programm geben. Für den 20. Oktober, 16 bis 18 Uhr, etwa wird zu einem Craftbeer-Tasting eingeladen.

Anreise
Die S-Bahn (S2/S3) vom Flughafen und Hauptbahnhof fährt nach Fellbach. Die Buslinie 60 hält direkt vor der Alten Kelter, Untertürkheimer Straße 33. Es gibt auch einige Parkplätze.

Weitere Infos im Internet unter: www.messe-speisundtrank.de.