Drei Flüchtlinge werden vor einer Kirche von einem Mann mit einem Messer angegriffen - wohl aus Fremdenfeindlichkeit. Zunächst gehen die Ermittler von gefährlicher Körperverletzung aus. Doch inzwischen sehen sie das anders.

Heilbronn - Nach einer Messerattacke auf Flüchtlinge in Heilbronn sitzt der mutmaßliche Angreifer nun wegen des Verdachts des versuchten Mordes in Haft. Die Ermittler gehen inzwischen von einer politisch motivierten Tat gegen Ausländer aus. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilten, ergaben Vernehmungen der Opfer und von Zeugen sowohl den dringenden Tatverdacht eines Mordversuchs als auch der gefährlichen Körperverletzung.

 

Ein 70-Jähriger soll am Samstag drei Flüchtlinge vor einer Kirche angegriffen haben. Dabei wurde ein 17 Jahre alter Afghane schwer verletzt. Einen 25-jährigen Iraker und einen 19-jährigen Syrer verletzte der Angreifer leicht.

Zunächst hatten Polizei und Staatsanwaltschaft die Attacke noch als gefährliche Körperverletzung gesehen. Aufgrund der Ermittlungen wegen des dreifachen Mordversuchs und der dadurch deutlich höheren Strafandrohung bestehe Fluchtgefahr, teilten sie mit. Zudem sei von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Der Mann war nach Angaben eines Polizeisprechers bei dem Angriff betrunken. Es könne daher sein, dass so ein Vorfall wieder vorkomme, wenn er Alkohol trinke. Aus diesen Gründen sei der Mann in Haft gekommen.

Unzufrieden mit Flüchtlingspolitik

Wie genau der Inhalt der Vernehmungen nun doch zu einem Mordverdacht führte, teilte der Sprecher nicht mit. Bereits nach ersten Ermittlungen war bekannt geworden, dass der mutmaßliche Messerstecher mit der deutschen Flüchtlingspolitik unzufrieden war. Das hatten Polizei und Staatsanwaltschaft am Montag nach einer Befragung des Mannes mitgeteilt. Demnach hatte der wohl betrunkene Senior ohne Vorwarnung das Messer gezogen und auf die Männer eingestochen.

Der FDP-Rechtexperte im Stuttgarter Landtag, Nico Weinmann, zeigte sich verwundert, dass der 70-Jährige doch in Haft gekommen ist. „Es ist ungewöhnlich, dass sich innerhalb so kurzer Zeit die Sachlage auf einmal anders darstellt“, sagte er der „Heilbronner Stimme“ (Donnerstag). „Schließlich war die politische Motivation des Mannes nach den ersten Aussagen doch bekannt. Jetzt muss die Frage beantwortet werden, welche neuen Erkenntnisse dazugekommen sein sollen, die dazu geführt haben, dass ein Haftbefehl ausgesprochen wurde.“

Ein Netzwerk gegen Rechts hat nach dem Vorfall laut Angaben der Stadt für diesen Freitag (18.00 Uhr) zu einer Mahnwache auf dem Marktplatz gegenüber der Kirche aufgerufen.