Ein 77-Jähriger aus Sachsenheim muss wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung in der Psychiatrie bleiben. Der Mann hatte in einem Streit mehrmals auf seinen Nachbarn eingestochen.

Sachsenheim - Ein 77-Jähriger aus Sachsenheim muss wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung in der Psychiatrie bleiben. Das hat eine Schwurgerichtskammer am Landgericht Heilbronn am Freitag angeordnet. Der Mann leidet laut medizinischem Gutachten unter wahnhaften Störungen, weshalb das Gericht befand, dass er zur Tatzeit nur vermindert schuldfähig war. Auch nach der Urteilsverkündung beteuerte der Angeklagte seine Unschuld: „Ich bin gezwungen worden, so etwas zu tun“, sagte er.

 

Keine Krankheitseinsicht

Aus juristischer Sicht müsse er den Angeklagten freisprechen, sagte der Vorsitzende Richter Roland Kleinschroth und ergänzte: „Das heißt aber nicht, dass Sie die ihnen vorgeworfenen Taten nicht verübt haben.“ Zu diesem Freispruch komme es nur, weil der Rentner psychisch krank sei. „Sie sind schon seit etwa 15 Jahren krank, und es wird immer schlimmer“, sagte der Richter. Da damit ein hochgradig aggressives Verhalten einhergehe, müsse die Gesellschaft vor ihm geschützt und er behandelt werden. Doch diese Therapie kommt nicht voran, weil der Mann, der seit Juni in der psychiatrischen Klinik in Weinsberg ist, glaubt, gesund zu sein. In den ersten Wochen hatte er die Einnahme von Medikamenten verweigert. Inzwischen nehme er sie zwar, sagte der Richter, aber eine echte Krankheitseinsicht fehle noch immer.

Der Mann aus Sachsenheim soll am 27. Februar nach einer verbalen Auseinandersetzung mit einem 34 Jahre alten Nachbarn ein Klappmesser gezogen und mindestens zweimal damit auf seinen Kontrahenten eingestochen haben: am Hinterkopf und am Oberarm. Als der 34-Jährige versuchte, dem Rentner das Messer zu entwenden, hat er sich sehr schwere Verletzungen an der Hand zugezogen, deren volle Funktionsfähigkeit nur wegen einer sofortigen Notoperation in der Fachklinik Markgröningen erhalten werden konnte. Es sei nur glückliche Fügung, dass das Opfer diese Attacke überlebt und auch keine dauerhaften Schäden davon getragen habe, betonte der Richter.

Eine gespaltene Person

Es gebe zwei diametral entgegengesetzte Charaktere des Angeklagten, sagte Kleinschroth. Den fürsorglichen Vater und Ehemann, der hingebungsvoll seine seit 1998 an den Rollstuhl gefesselte Frau pflege, und leider auch den kranken. „Wenn es zu diesen psychotischen Schüben kommt, sind Sie aggressiv, gewalttätig und beleidigend“, sagte der Richter, „und zwar auf dem untersten Niveau.“ Und das vermutlich, weil der 77-Jährige Stimmen höre, unter Verfolgungsangst leide und sich in seiner Angst vor allen und jedem offenbar nicht anders zu behaupten wisse, als gewalttätig und ausfallend zu werden.

So soll der Angeklagte schon früher andere Personen in seinem Umfeld beleidigt und tätlich angegriffen haben. 2014 hat er erstmals den Nachbarn mit einer Eisenstange attackiert, was damals mit einer Geldstrafe geahndet wurde. Immer wieder soll er die Ehefrau des Opfers als Hure und Drogendealerin diffamiert haben. Später habe er auch die Kinder der Familie beschimpft. In einer ersten Reaktion weigerte sich der Rentner, den Urteilsspruch zu akzeptieren. Erst seine Tochter konnte ihn davon überzeugen, dass es besser sei, keine Revision anzustreben.