Nach Wochen hat sich Mesut Özil zu seinem Foto mit dem türkischen Staatschef Erdogan geäußert. Die wahren Probleme hat er aber nach wie vor nicht erkannt. Ob er weiter für die deutsche Nationalmannschaft spielt, ist nun fraglicher denn je, kommentiert unser Autor Dirk Preiß.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Nach Wochen des Schweigens hat Mesut Özil dieses auch jetzt nicht wirklich gebrochen. Der deutsche Fußball-Nationalspieler stellt sich nach wie vor keiner Diskussion über die Geschehnisse vor und während der Weltmeisterschaft in Russland. Geäußerst hat sich der in Gelsenkirchen aufgewachsene Fußballer mit den türkischen Wurzeln nun allerdings – über seine Kanäle in den sozialen Netzwerken, wo unbequeme Fragen keine Rolle spielen, sondern lediglich die eigenen Antworten. Zur Debatte um die umstrittenen Fotos mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan lauten sie bei Mesut Özil wie folgt.

 

Es ging nicht um Politik. Es ging lediglich um den Respekt vor dem obersten Staatsmann des Landes seiner Vorfahren – ganz unabhängig von Person und Art der Amtsführung. Man habe ihn schließlich gelehrt, seine Herkunft, seine familiären Traditionen und sein Erbe nicht zu vergessen. Das muss Mesut Özil auch nicht. Natürlich kann er sich, auch als deutscher Nationalspieler, verbunden fühlen mit der Heimat seiner Vorfahren. Womöglich könnte er sich – als weltweit bekannter Star – sogar stark machen für diejenigen in der Türkei, die unter mangeldem Demokratieverständnis, fehlender Meinungsfreiheit und Unterdrückung leiden. So würde er das Land, das er wie Deutschland als seine Heimat sieht, vielleicht sogar ein Stück weit voranbringen. Doch solche Dinge blendet Mesut Özil nach wie vor aus – und argumentiert: Wenn selbst die Königin von England und die britische Premierminsiterin den Präsidenten Erdogan empfangen, warum sollte er dann ein Treffen ablehnen? Er sei doch nur Fußballer.

Nächste Länderspiele Anfang September – ohne Özil?

Der Vergleich ist grotesk, und Mesut Özil hat offenbar nicht verstanden, wo die wahren Probleme dieses Fotos liegen. Der Deutsche Fußball-Bund in Person des Präsidenten Reinhard Grindel hatte zuletzt eine öffentliche Äußerung Özils gefordert. Nun hat er sie – einfacher macht sie den Umgang mit dem 29-Jährigen und die bisher mangelhafte Aufarbeitung der Affäre für den DFB aber nicht. Im Gegenteil. Kein Wort des Bedauerns, kein Wort der Entschuldigung für das Schweigen, kein Bekenntnis, sich künftig genauer zu überlegen, wie sich ein Nationalspieler, der deutsche Werte vertritt, öffentlich zu positionieren hat. Stattdessen die unausgesprochene Botschaft: Er würde es wieder tun. Und eine beispiellose Schelte von Medien und Sponsoren, in der er sogar Rassismus und Doppelmoral unterstellte.

Ende August legt Bundestrainer Joachim Löw Analyse und Zukunftskonzept vor, Anfang September finden die nächsten Länderspiele statt. Neben sportlichen Gründen sollte laut Grindel auch die Bewertung einer Özil-Aussage in die Entscheidung einfließen, ob der hoch begabte Mittelfeldspieler des FC Arsenal, der 2014 als Stammspieler mit Deutschland Weltmeister wurde, noch einmal nominiert wird. Dies erscheint nun fraglicher denn je.