Rund 150 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Bis Ende Mai werden noch Aufträge abgearbeitet. Wieder bringen viele Krisenfaktoren ein mittelständisches Traditionsunternehmen zu Fall.

Ein weiteres Familienunternehmen ist Opfer der schwierigen wirtschaftlichen Umstände der vergangenen Jahre geworden. Bei der Firma Geisselmann in Freiberg am Neckar arbeiten die rund 150 Mitarbeiter noch bis Ende Mai offene Aufträge ab, dann ist das Traditionsunternehmen aus dem Bereich Metallverarbeitung Geschichte. Bereits Anfang Februar wurde beim Amtsgericht Ludwigsburg das Insolvenzfahren eröffnet, wie der Insolvenzverwalter Philipp Grub von der Stuttgarter Kanzlei Grub-Brugger erklärt.

 

Was sind die Ursachen für die Pleite?

Nach Grubs Analyse hat eine Ansammlung verschiedener Probleme zur Zahlungsunfähigkeit geführt: etwa hohe Energiekosten, Lieferschwierigkeiten und Auftragseinbrüchen. Bereits 2018 sei bei Geisselmann der Umsatz massiv eingebrochen: Wegen des Dieselskandals sei die Auftragsnachfrage stark gesunken, dazu sei bei den Autobauern die Wende hin zur Elektromobilität gekommen. Da wegen der Coronapandemie die Auftragslage weiter schwach blieb, entschloss sich die Firmenleitung 2021, Teile der insolventen ZKK-Gruppe zu übernehmen, um den Produktbereich zu erweitern und den Kunden ganzheitliche Lösungen anbieten zu können.

„Zu den angestrebten Synergieeffekten ist es aber nicht gekommen“, sagt Insolvenzverwalter Grub. Durch die Übernahme seien zu den 80 Mitarbeitern in Freiberg weitere 80 Beschäftigte der ZKK-Gruppe gekommen, zudem ein weiterer Standort in Freiberg und einer in Dettingen/Teck (Kreis Esslingen). Dies habe zu höheren Kosten bei Mieten, bei Transport und Logistik sowie Doppelbesetzungen auf Management- und Abteilungsleiterebene geführt.

Preise für Rohmaterialien teilweise verdreifacht

Infolge der Coronakrise seien Rohmaterialien wie Blech äußerst knapp geworden, die Preise hätten sich verdoppelt, teils sogar verdreifacht. Diese Preissteigerungen habe die Firma nicht in vollem Umfang an die Kunden weitergeben können. Besonders getroffen habe das Unternehmen der Wegfall eines Kunden aus der Automobilbranche mit einem Volumen von mehreren Millionen Euro. Neben den erhöhten Energie- und Treibstoffkosten habe die Bilanz der Firma auch belastet, dass im vergangenen Jahr erheblich höhere Löhne gezahlt werden mussten, um Mitarbeiter nicht an andere Unternehmen zu verlieren.

Versuche des Insolvenzverwalters, einen Interessenten für den Gesamtbetrieb zu finden, waren nicht von Erfolg gekrönt. „Entweder sahen Investoren keine Sanierungsmöglichkeiten oder sie schätzten das wirtschaftliche Risiko als zu hoch ein“, sagt Grub. Mit Blick auf die Verluste in den vergangenen Jahren habe es daher keine andere Möglichkeit gegeben, als allen rund 150 Mitarbeitern zu kündigen. Bis Ende Mai würden die Löhne und Gehälter bezahlt. Aktuell gebe es nur noch ein paar Interessenten für Maschinen oder Lizenzen.

Einziger Lichtblick: Die Chancen der ab Ende Mai arbeitslosen Geisselmann-Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt schätzt der Insolvenzverwalter als sehr gut ein. „Es sind viele Facharbeiter wie Monteure, Schlosser, Schweißer, Lackierer, Konstrukteure und Logistikmitarbeiter, die auf dem Arbeitsmarkt dringend gesucht werden“, sagt Grub.