Sein Fall erschütterte die Welt und löste die MeToo-Bewegung aus. Nun, zwei Jahre später, beginnt in New York der Prozess gegen Harvey Weinstein. Egal, wie es ausfällt, das Urteil dürfte weitreichende Folgen haben.

New York - Prominenten-Sichtungen sind im südlichen Manhattan keine Seltenheit. Stars wie Tom Cruise, Leo DiCaprio und Julia Roberts haben ihre Wohnungen im Greenwich Village, die sie bei New-York-Besuchen nutzen. Wer in der kommenden Woche Idole aus der Filmbranche zu Gesicht bekommen möchte, der muss nicht auf den Zufall hoffen.

 

Am Montag beginnt vor dem obersten Gericht des Staates New York der Strafprozess gegen den geächteten Hollywood Mogul Harvey Weinstein. Es ist der erste Sensationsprozess des Jahres, und es haben sich große Namen angekündigt. Rosanna Arquette wird da sein, Ashley Judd und vielleicht sogar Angelina Jolie.

Sie alle gehören zu den angeblichen Opfern Harvey Weinsteins, der beschuldigt wird, seit mehr als 30 Jahren seine Machtstellung als Filmproduzent dazu missbraucht zu haben, Frauen zu sexuellen Gefälligkeiten zu nötigen. Die meisten der Fälle sind verjährt und nicht mehr justiziabel. Doch die Opfer wollen im Gerichtssaal wenigstens ein Statement abgeben. „Ich glaube, es ist wichtig, dass wir eine starke Botschaft aussenden“, sagt die Schauspielerin Katherine Kendall, die laut eigener Aussage 1993 in einem Hotelzimmer unter dem Vorwand einer geschäftlichen Besprechung sexuell bedrängt wurde.

Die Stars wollen sich mit den beiden Frauen solidarisch zeigen, die nun als Klägerinnen gegen Weinstein auftreten. Weinstein wird Vergewaltigung in zwei Fällen aus den Jahren 2006 und 2013 vorgeworfen. Doch vor der Jury der öffentlichen Meinung werden alle 80 Fälle verhandelt, in denen Weinstein beschuldigt wird, sexuell übergriffig geworden zu sein.

Die Verteidigung will beweisen, dass die Frauen freiwillig mitmachten

Im Fall Harvey Weinstein muss sich zeigen, ob das US-Strafrecht mit dem kulturellen Wandel mithalten kann. Viele Betroffene sind in dieser Hinsicht nicht allzu optimistisch. So sagt die TV-Reporterin Lauren Sivan, die 2007 in der Küche eines Restaurants von Weinstein attackiert worden sein will, warum sie einen Freispruch fürchte: „Wir haben riesige Fortschritte gemacht, die Stimmen der Opfer werden heute gehört. Aber eine Verurteilung vor einem Geschworenengericht ist noch einmal eine ganz andere Geschichte.“

Das wissen auch Weinsteins Anwälte und sie geben sich kämpferisch. So sagte Donna Rotunno, die das Verteidigungsteam leitet, kürzlich in einem Interview: „Man mag das Verhalten von Harvey Weinstein nicht mögen. Aber schlechtes Benehmen und Vergewaltigung sind zwei komplett unterschiedliche Dinge.“

Rotunno und ihr Team werden versuchen zu beweisen, dass die Frauen nicht gegen ihren Willen handelten. „Wenn man nicht sexuell belästigt werden will“, sagte Rotunno, „dann geht man eben nicht alleine mit jemandem auf ein Hotelzimmer.“ Weinsteins Verteidiger haben mehrfach versucht, das Verfahren von Manhattan in die Hauptstadt des Staates New York, Albany, verlegen zu lassen. Die Medienaufmerksamkeit mache es unmöglich, in Manhattan unbefangene Geschworene zu finden. Der Richter hat den Einwand abgelehnt, doch man erwartet, dass sich die Besetzung der Jury, die am Montag beginnt, in die Länge ziehen wird.

Im Interview kündigt Weinstein sein Comeback in der Filmbranche an

Einen weiteren Grund zum Pessimismus liefert die erst kürzlich ausgehandelte Einigung zwischen Weinstein und rund 30 Frauen in einer Zivilklage. Mehr als 30 mutmaßliche Opfer haben in einer Schadensersatzklage gegen ihn und seine einstige Firma gerade einmal 25 Millionen Dollar aushandeln können. Beinahe die Hälfte des Geldes, das von der Versicherung der Firma abgedeckt ist, floss an Juristen.

Nur zwei Frauen weigerten sich, das Geld anzunehmen und drohen nun mit einer Klage vor Gericht. Doch angesichts der US-Rechtslage, die bei Schadensersatzklagen einen starken Schutz für Firmen bietet, gelten ihre Aussichten als gering. So gibt sich auch Weinstein selbst optimistisch. In einem Interview, dass er jüngst mit der „New York Post“ führte, bekräftigte er, dass alle seine Begegnungen mit Frauen in der Branche in gegenseitigem Einvernehmen geschehen seien. Der 67-Jährige kündigte ein Comeback an. Letzteres dürfte sich angesichts der dramatisch veränderten Stimmung in Hollywood wohl nicht bewahrheiten.