Die Zusammenarbeit in der Metropolregion war jahrelang sanft entschlafen, jetzt soll sie wieder belebt werden. Mit dem Mobilitätskongress wurde ein Anfang gemacht. „Meine Erwartungen wurden übertroffen“, sagte Oberbürgermeister Fritz Kuhn.

Stuttgart - Der wichtigste Beschluss für den Mobilitätskongress der europäischen Metropolregion Stuttgart kam aus dem fernen Brüssel. Dort entschied die baden-württembergische Landesregierung auf einer auswärtigen Kabinettssitzung, sich am Ausbau des Bahnknotens Stuttgarts mit der modernen Signaltechnik ETCS (European Train Control System) mit rund 230 Millionen Euro und dem Kauf von 56 neuen S-Bahnfahrzeugen durch den Verband Region Stuttgart mit 106 Millionen Euro zu beteiligen. „Das ist jetzt beschlossen“, überbrachte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), für den der Kongress wichtiger als die Kabinettssitzung war, persönlich – nicht ohne den Hinweis, dass „jetzt auch Bahn und Bund springen müssen“. In den nächsten Wochen soll das Projekt finanziell und vertraglich fixiert werden, das mit Stuttgart 21 Ende 2025 in Betrieb gehen und den Regionalzug- und S-Bahnverkehr pünktlicher und zuverlässiger machen soll. Wie nötig das ist, machte ein Satz von Landrat Klaus Pavel aus Ostwürttemberg deutlich: „Der Schienenverkehr im Remstal ist eine Katastrophe, eine Schande für ein Industrieland.“

 

Streit über Dieselfahrverbot

Auf dem Kongress beschäftigten sich mehr als 300 Teilnehmer mit unterschiedlichen Aspekten der Mobilität – von der Citylogistik bis zum öffentlichen Nahverkehr. Allerdings spielten auch aktuelle Fragen wie das Dieselfahrverbot eine Rolle. Hermann betonte, dass „der Rechtsstaat auch im Umweltbereich“ gelten müsse. Und manche, die heute Grenzwerte und Messstellen kritisierten, „haben 20 Jahre Zeit gehabt, das zu ändern“. Er warnte „Amts- und Mandatsträger“ davor, „das Lied der AfD zu singen“. Das sorgte bei CDU-Vertretern für hörbare Unruhe. „Unverschämt“, sagte Regionalrätin Elke Kreiser. Und Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) sparte in seiner Rede nicht den Hinweis, dass die lokal ausgerichtete Luftreinhaltepolitik zu „kuriosen Ergebnissen“ führe. „Der Remstäler fährt nicht mehr über Bundesstraßen ins Neckartal, sondern über die Dörfer auf dem Schurwald“, sagte er. Er mahnte, auch hier nach regionalen Ansätzen zu suchen.

Ansonsten freilich bemühten sich die Vertreter der fünf Regionalverbände, die die Metropolregion bilden, und Oberbürgermeister um Harmonie beim Neustart ihrer Zusammenarbeit. Sie war bisher in einem Ausschuss organisiert, der freilich keine habhaften Ergebnisse erbrachte, vor Jahren „einschlief“ und nun durch Kongresse zu wichtigen Themen ersetzt werden soll. „Wir reden hier über halb Baden-Württemberg“, hob Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) hervor. Die Metropolregion sei nicht nur auf Stuttgart ausgerichtet, sondern habe viele Zentren. „Wir wollen die Vielfalt der starken Ichs zu einem starken Wir bündeln“, sagte er. Dies sei beim Ausbau des Schienennahverkehrs noch vergleichsweise einfach, „bei Straßenbauprojekten hört der Konsens meistens auf“.

Zukunft des Autoverkehrs?

Das wurde auch deutlich, als Hermann sein Zukunftsbild der Metropolregion skizzierte, die „nicht nur die wirtschaftlich stärkste Region“ sein solle, sondern „auch die erste, die nachhaltig mobil ist“. Dazu müsse der öffentliche Nahverkehr deutlich verbessert werden, der Autoverkehr solle „so organisiert werden, dass er besser funktioniert“. Dem Bau neuer Straßen erteilte Hermann eine Absage mit der Ausnahme lokaler Ortsumgehungen, im Mittelpunkt stehe der Ausbau bestehender Achsen, vor allem der Autobahnen. Andere setzen andere Prioritäten. Das Auto sei das dominierende Verkehrsmittel in der Metropolregion, gerade im ländlichen Raum, aber auch in den großen Städten, zitierte Bopp eine infas-Studie: „Der Löwenanteil der Mobilität findet auf den Straßen statt.“

Und wie geht es weiter? Die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen sollen in konkrete Projekte gegossen werden. Von einem „verheißungsvollen Durchstarten“ sprach Eugen Höschele, Vorsitzender des Regionalverbands Neckar-Alb. Dem stimmten auch seine Kollegen zu, wenngleich das Konkurrenzdenken immer wieder aufblitzte. „Die besten Autos“, sagte Joachim Scholz, Vorsitzender der Region Heilbronn-Franken, würden übrigens nicht in Stuttgart gebaut, „sondern bei uns in Neckarsulm.“