TuS Metzingen mausert sich: der Frauenhandball-Bundesligist will ins EHF-Cup-Finale, das ist auch ein Verdienst des ungarischen Trainers Csaba Konkoly.

Metzingen - Als Csaba Konkoly im Juli vergangenen Jahres das Traineramt beim Frauenhandball-Bundesligisten TuS Metzingen übernommen hat, begann für den Handballlehrer zunächst eine Lehrzeit. „Er musste sich an die deutschen Gepflogenheiten gewöhnen“, erinnert sich Anna Loerper, Deutschlands Handballerin des Jahres, mit einem Lächeln auf den Lippen. 50 Minuten Aufwärmübungen – „da haben wir anfangs schon geschluckt“, sagt die Metzinger Spielmacherin, „und ihm erklärt, dass wir auch beim Aufwärmen mal ein Spielchen brauchen.“

 

Der gegenseitige Anpassungsprozess ist inzwischen zu großen Teilen vollzogen und mündete in die bisher erfolgreichste Saison in der Geschichte des Metzinger Handballs. Die TuS ist ein heißer Kandidat für den deutschen Meistertitel, steht dicht vor dem Einzug in das Finale des EHF-Cups und geht am Samstag (20 Uhr, Paul-Horn-Arena Tübingen) vor eigenem Publikum mit einem 26:22-Erfolg im Rücken in das Halbfinalrückspiel gegen das rumänische Team ASC Corona Brasov.

Konkoly hat an den Erfolg geglaubt

„Auch wenn mich manche für verrückt halten: Ich habe von Anfang an daran geglaubt, dass wir das schaffen können“, sagt Csaba Konkoly neun Monate nach seinem Dienstantritt. Der 45 Jahre alte Ungar weiß indes, dass der Höhenflug auch der Kompetenz seines Trainerteams mit der Co-Trainerin Edina Rott, dem Torwarttrainer Axel Strienz und dem Konditionstrainer Christian Läßig zu verdanken ist. „Alle sind für mich sehr wichtig“, sagt der zum Teamplayer gewandelte Konkoly, der es in Ungarn gewohnt war, das Training alleine zu planen und zu leiten. In Metzingen hat er schnell gemerkt, dass im deutschen Frauenhandball ein anderer Wind weht als in seiner Heimat.

In Ungarn hat der Frauenhandball einen anderen Stellenwert, es fließt mehr Geld in den Sport. So arbeitete Konkoly mit Teams, in denen alle Spielerinnen Vollprofis sind. In Metzingen reicht die Palette vom Profi über Studierende bis hin zu voll berufstätigen „Nebenjob“-Handballerinnen. „Das war eine Riesenumstellung für ihn“, sagt der Geschäftsführer Ferenc Rott, „hier muss man Kompromisse eingehen, um alles unter einen Hut zu bekommen.“

Konkoly hat in rund 20 Jahren im Trainergeschäft in Ungarns Frauenhandball Spuren hinterlassen. In seinem Heimatort feierte er als Coach der ungarischen Spitzenmannschaft Györi Audi ETO KC zwischen 2007 und 2011 vier Meistertitel und Pokalsiege. 2009 führte er Györi bis in das Champions-League-Finale. Der diplomierte Sport- und Mathematiklehrer war zudem Jugend-Nationaltrainer und Co-Trainer der Frauen-Nationalmannschaft, die bei den Olympischen Spielen in Peking den vierten Platz belegte. Vor seinem Engagement in Metzingen trainierte er den ungarischen Erstligisten Vác.

Mannschaft hat noch Luft nach oben

„Auch wenn es sich eingebildet anhört: Ich glaube an meine Fähigkeiten“, sagt Konkoly, der nicht nur von sich, sondern von Beginn an auch vom Potenzial der TuS Metzingen überzeugt war und die rasante Entwicklung des Clubs noch nicht am Ende sieht: „Die Mannschaft hat noch Kapazitäten, vor allem im Angriff“, sagt der Ungar, der indes auch von einer stabilen Basis des Vorjahresdritten in der Bundesliga profitierte. „Wir haben an unserem System wenig verändert“, sagt Anna Loerper, seit 2014 der Dreh-und-Angel-Punkt des Metzinger Spiels. Verändert hat sich indes die Stimmung an der Seitenlinie. „Er lebt 60 Minuten mit“, beschreibt Loerper das Temperament ihres neuen Trainers.

Dessen Verpflichtung war ein weiterer Schritt in der Professionalisierung des Clubs in Deutschlands Outlet-Stadt Nummer eins. Konkoly ist der erste Trainer in Metzingen, der sich ausschließlich dem Sport widmen kann, und ist neben dem Bundesligateam auch in die Jugendarbeit und die Handballschule des prosperierenden Vereins eingebunden. „Wir wollen ein neues Gesamtkonzept auf die Beine stellen“, sagt Ferenc Rott mit dem Blick in die Zukunft. Am Samstag zählt indes nur die Gegenwart – und der Schritt in das Finale des EHF-Cups. „Und das“, sagt Csaba Konkoly, „wäre auch in meinem Handballleben einer der schönsten Momente.“