Einst wurde der Drogenbaron Chapo Guzmán im Gefängnis wie ein Fürst behandelt. Nun erlebt er den wahren Knastalltag – und will ihm entkommen. Sein Wunschziel sind die USA, wo er sich mildere Haftbedingungen verspricht.

Korrespondenten: Klaus Ehringfeld (ehr)

Mexiko - Schlafentzug, ständige Überwachung, kaum Tageslicht, kaum Besuch – Chapo Guzmán erlebt in diesen Wochen, was mexikanischer Knast für einen Schwerverbrecher wirklich bedeuten kann. Vorbei sind die Zeiten, als die Gefängnisaufenthalte für den Chef des Sinaloa-Kartells Hotelbesuchen glichen: mit Essen nach Wahl, Partys, Drogen und Prostituierten.

 

Nach seiner erneuten Festnahme Anfang des Jahres werden gegen Mexikos Großganoven Guzmán alle zulässigen Härten – und auch manche unzulässigen – des mexikanischen Strafvollzugs angewandt. Er wird alle vier Stunden geweckt, angeblich um zu sehen, ob er noch lebt. Er kann nicht mal seine Notdurft ungestört verrichten, wird dauernd in andere Zellen verlegt und von Hunden bewacht, die sein Essen vorkosten. Seine Frau Emma Coronel beschwerte sich kürzlich in einem TV-Interview, ihr Gatte werde gefoltert: „Die Regierung rächt sich an ihm für seine Flucht, die sie der Lächerlichkeit preisgegeben hat.“   Nun hat der 58 Jahre alte Drogenboss, der unter Bluthochdruck leidet, offenbar genug: Er wolle in die USA ausgewiesen werden, so schnell als möglich, sagte sein Anwalt José Refugio Rodríguez einem mexikanischen Radiosender. „Es ist eine Verzweiflungshandlung meines Mandanten.“ Ein Mensch, der diesen Konditionen unterworfen sei, tue alles, um daraus zu kommen.

Guzmán wünscht sich einen Deal mit der US-Regierung

Refugio hat Guzmán zu Beginn der Woche im Hochsicherheitsgefängnis Altiplano besuchen können. Dabei habe er den Auftrag erhalten, mit der US-Regierung einen Deal zu suchen, der Guzmán eine Strafminderung und die Unterbringung in einer Haftanstalt sichere, wo er angenehmeren Strafvollzugsmethoden unterworfen ist. „Guzmán ist bereit, sich in allen Punkten für schuldig zu erklären“, so Refugio. Bisher hatte er versucht, seine Auslieferung in die USA hinauszuzögern.  

Guzmán dürfte mit seinem Wunsch sowohl in Mexiko als auch den USA auf offene Ohren stoßen. Die US-Justiz hat schon lange einen Auslieferungsantrag gestellt und Mexikos Regierung möchte ihren gefährlichsten Verbrecher rasch loswerden. Die Angst vor einer dritten Flucht und der damit verbundenen Demütigung wiegen schwerer als Nationalstolz.   Allerdings verhandelt die US-Justiz gewöhnlich nicht über Deals mit Verbrechern, bevor sie überstellt werden. Erst nach Auslieferung sind Absprachen möglich.

Guzmán war der meistgesuchte Drogenboss der Welt. Am 8. Januar war er wieder geschnappt worden, nachdem er sechs Monate zuvor aus einem Hochsicherheitsgefängnis getürmt war.