Die MHP Riesen Ludwigsburg spielen momentan die beste Saison ihrer Geschichte. In der Arena des Bundesliga-Clubs ist die Begeisterung für den Basketball greifbar. Die Fans trommeln, pfeifen, schreien für ihr Team. Heute Abend um 20 Uhr ist im Playoff-Halbfinale Alba Berlin zu Gast.

Ludwigsburg - Das Spiel gegen die Bundesliga-Mannschaft aus Bayreuth ist unterbrochen. Mehr als 3000 Fans, viele davon in Gelb-Schwarz gekleidet, reißen empört die Arme in die Höhe. Mit einem gellenden Pfeifkonzert drücken sie ihr Unverständnis mit der Foulentscheidung der Schiedsrichter aus. Bayreuth bekommt zwei Freiwürfe.

 

Manche haben Ohrstöpsel dabei

Es ist so laut, dass viele Zuschauer Ohrstöpsel mitgebracht haben. Bis der Bayreuther seine Freiwürfe vollendet hat, machen die Anhänger der Riesen Krach und schwenken Fahnen und Schals. Das halbe Dutzend Trommler im Fanblock drischt zudem unregelmäßig auf ihre Instrumente ein. So wollen sie die Konzentration des Werfers stören.

Willkommen in der Ludwigsburger Arena. Willkommen in der „gelben Hölle“.

Es ist das dritte Spiel im Play-off-Viertelfinale, an dessen Ende die Ludwigsburger erstmals seit 2007 ins Halbfinale einziehen werden. In dieser Partie geht es also um die Krönung der Saison. Die Emotionen sind an diesem Abend noch einmal deutlicher zu spüren.

Wie die Mannschaft auf dem Feld geben auch die Fans alles. Inbrünstig rufen sie: „Defense, Defense!“, wenn die Riesen ihren Korb verteidigen. Zu den regelmäßigen Gästen in der Arena gehören VfB-Profi Timo Baumgartl und die Profi-Tennisspielerin Laura Siegemund.

Die beste Saison ihrer Geschichte

Bei den Spielen der MHP Riesen Ludwigsburg ist in der Halle die Leidenschaft für den Basketball stets greifbar – und eben auch lautstark zu hören; nicht nur bei umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen, auch jedes Mal, wenn ein Spieler der Riesen einen Drei-Punkte-Wurf im Korb versenkt oder dem Gegner geschickt den Ball klaut. Deshalb haben die Riesen-Anhänger ihre Halle einmal als „yellow hell“, als „gelbe Hölle“ bezeichnet. „Gefürchtet und stolz darauf“ steht auf den T-Shirts einiger Fans.

Unter diesem Link gelangen Sie zu unserer großen Multimedia-Reportage über die MHP Riesen Ludwigsburg – Sie finden dort Interviews, Bilder und die interaktive Saisonstatistik.

Momentan spielen die Riesen die beste Saison, seit der Vorläuferclub BG Ludwigsburg 2002 in die Bundesliga aufgestiegen ist. Die Hauptrunde der Bundesliga haben sie auf dem dritten Platz noch vor der Topmannschaft aus Bamberg beendet. In der parallel stattfindenden Basketball-Champions-League hat es die Mannschaft erstmals unter die letzten vier Teams geschafft – ein riesiger Erfolg, auch wenn am Ende nur Platz vier drin war.

Eine Stadt des Basketballs

Im Play-off-Halbfinale stehen die Riesen mit den drei stärksten Bundesliga-Clubs: Berlin, München und Bamberg. Die Riesen bekommen es derzeit im Halbfinale mit dem Titelfavorit Alba Berlin zu tun – an diesem Donnerstagabend um 20 Uhr findet in der Arena das zweite Halbfinalspiel statt. Das erste haben die Riesen mit 87:102 verloren. Das Team, das als erstes drei Siege einfährt, zieht ins Finale ein.

Für die Fans der Riesen ist das die Krönung einer jahrelangen Entwicklung. „Ludwigsburg ist einfach eine Basketball-Stadt“, sagt Marco Unterrainer, der seit mehr als 25 Jahren mit einer Dauerkarte zu den Ludwigsburger Spielen fährt, anfangs noch in die Rundsporthalle, als der Club noch BG Ludwigsburg hieß. Mit dem Erfolg der Riesen habe sich in der Stadt etwas getan, meint Unterrainer. „Vor 20 Jahren haben nur wenige überhaupt das Trikot erkannt“, sagt er. Heute fragen ihn Menschen auf der Straße, wie das Spiel war.

Im Vergleich zu den gängigen Fußballstadien der Republik ist die Halle, die rund 4500 Menschen Platz bietet, beinahe klein. An einem Spieltag fühlt sie sich an wie das verlängerte Wohnzimmer der Riesen-Fans, hier fühlen sie sich wohl. Meist sind die Ränge schon anderthalb Stunden vor dem Tip-off gut gefüllt. Man kennt sich, man trifft sich, man tauscht sich über den Play-off-Gegner aus und über die Chancen, das Unglaubliche zu schaffen und eventuell sogar ins Finale einzuziehen.

Die Fans sind näher am Geschehen dran

Oliver Hahn hat seine Dauerkarte seit 14 Jahren, für ihn sind die Ludwigsburger Basketballer eine Herzenssache. Das merkt Hahn bei jedem Spiel, das er besucht: „Ich kann nicht einfach ruhig auf meinem Platz sitzen“, sagt er. „Wenn der Schiedsrichter blöd pfeift oder die Aktionen nicht stimmen, rege ich mich schon auf.“

Doch genauso groß sei die Freude, wenn die Riesen am Ende als Gewinner vom Feld gehen. Die Größe der Halle und die Nähe der Fans zum Spielfeld hält Hahn für einen großen Vorteil. „Der Einfluss der Fans ist so noch mal größer als beim Fußball“, findet er.

Ein sehr emotionaler Trainer

Schwarzer Anzug, schwarzes Hemd und gelbe Krawatte: Seit 2013 steht der Amerikaner John Patrick als Trainer der Riesen am Spielfeldrand. Wobei es „stehen“ nicht ganz trifft – meist läuft Patrick am Feld auf und ab, rudert mit den Armen in der Luft und ruft seinen Spielern Anweisungen zu. Manchmal läuft Patrick zur Bank und setzt sich – länger als eine Minute hält er es dort aber selten aus.

Er ist ein außerordentlich emotionaler Trainer, der oft intensive Zwiegespräche mit den Schiedsrichtern sucht. Im ersten Halbfinalspiel beschwerte er sich derart vehement über eine Entscheidung, dass er aus der Halle flog.

Für ihn ist die Atmosphäre in der Halle genau das Richtige. „Es hilft sehr, wenn es in der Halle laut ist und die gegnerische Mannschaft zum Beispiel nicht hört, was der Coach sagt“, glaubt Patrick. Das gelte auch für die Versuche der Fans, bei Freiwürfen den Gegenspieler aus der Ruhe zu bringen. Die Stimmung in der Arena hält Patrick für einen großen Vorteil. Dafür nehme er gerne in Kauf, dass ihm nach dem Spiel die Ohren dröhnen.

Bayreuth war im Viertelfinale chancenlos

Das Spiel gegen Bayreuth gewinnen die Riesen mit 95:70. Nach der Halbzeitpause sind die Gäste chancenlos, getrieben vom Trommeln und Klatschen der Fans drehen die Ludwigsburger auf. Gelassen dreht das Team um Nationalspieler Johannes Thiemann nach dem Sieg eine Runde um das Spielfeld. Eng gedrängt stehen die Riesen-Anhänger an der Bande und halten ihre Hände aufs Spielfeld. Jeder Einzelne bekommt einen Handschlag.