Die MHP Riesen Ludwigsburg haben mit der Vizemeisterschaft den größten Erfolg ihrer Clubgeschichte geschafft. Etliche Profis haben sich dabei ins Rampenlicht gespielt – und es ist fraglich, wer davon bei dem Basketball-Bundesligisten bleibt.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

München/Ludwigsburg - Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Selbst als Verlierer. So wie der Basketballer Marcos Knight am Sonntagabend kurz nach dem Finale um die deutsche Meisterschaft. Gerade waren die MHP Riesen Ludwigsburg auch im zweiten Spiel gegen Alba Berlin unterlegen, da gab es aufseiten des Verlierers doch noch einen Sieger – Marcos Knight. Der 30-Jährige wurde von den zehn Kapitänen des Finalturniers zum MVP gewählt, zum wertvollsten Spieler. Als er dann die Trophäe aus der Hand seines Trainers John Patrick in Empfang nehmen durfte, kullerten bei dem Profi sogar ein paar Tränchen – der Freude. Dabei hatte der US-Amerikaner allen Grund zum Heulen. Nicht nur weil sein Team bei der ersten Finalteilnahme der Vereinsgeschichte verloren hatte, er selbst war gar nicht mit von der Partie. Eine Knöchelverletzung aus dem Halbfinale gegen Ulm beendete alle Träume, die Schmerzen waren zu groß.

 

Doch manchmal gibt es doch noch so etwas wie Gerechtigkeit im Sport. Eigentlich zählt im Basketball ja das ungeschriebene Gesetz, dass diese Auszeichnung in den Play-offs an einen Spieler des siegreichen Teams geht. Doch in München galten besondere Umstände, nicht nur wegen des Turnierformats, sondern auch wegen Knights persönlichem Schicksal. Sogar Alba-Manager Marco Baldi gab zu: „Ich habe schon Mitleid, dass er im Finale nicht dabei sein konnte.“ Denn bis dato war Knight der mit Abstand beste Spieler: gut 18 Punkte pro Partie, mehr als sieben Rebounds und mehr als 30 Minuten pro Spiel auf dem Feld, das suchte in dieser Kombination seinesgleichen.

Kirchgänger und Orgelspieler

In der Vergangenheit hat Knight bei solchen Anlässen gerne gesagt: „Ich hätte das nicht ohne Gott, meine Familie und die Mitspieler geschafft.“ Knight ist ein frommer Mensch, „wenn ich im Sommer zu Hause bin, gehe ich jeden Sonntag in die Kirche“. Dann greift er auch mal in die Tasten und spielt Orgel. Und für wen er nächste Saison zum Ball greift? Das ist eine der großen Fragen – nicht nur bei Knight. Bei den Riesen droht im Sommer der Umbruch, der so regelmäßig kommt wie der Ölwechsel beim Auto. Der Vorsitzende Alexander Reil hat schon nach der Gruppenphase gesagt: „Je erfolgreicher wir hier abschneiden, desto schwieriger wird es, die Mannschaft zu halten.“ Zumal sich der Verein unter Coach John Patrick längst den Ruf eines Sprungbretts für höhere Aufgaben erarbeitet hat.

Knight ist zwar ein christlicher Mensch, aber auch weltlichen Argumenten nicht abgeneigt und würde auf seine älteren Tage freilich schon noch mal einen lukrativen Vertrag anderswo unterschreiben. Thomas Wimbush hat in München zwar die Konstanz (vor allem defensiv) vermissen lassen, ist aber dennoch ein heißer Kandidat für einen Wechsel, genau wie Senkrechtstarter Jaleen Smith (Angebot von Virus Bologna) oder Nick Weiler-Babb, der schon vom Euroleague-Finalisten Efes Istanbul beobachtet wurde, auch wenn er noch einen Vertrag (mit Ausstiegsklausel) besitzt. Blieben aus der Ausländergilde Khadeen Carrington, der aber ebenso bereits aufs Finalturnier verzichtet hat (um sich auf eine NBA-Karriere zu konzentrieren?) wie Tanner Leissner, der dadurch zumindest keine Pluspunkte sammeln konnte. Gleiches gilt für den Center Cameron Jackson, auch wenn bei ihm eine beiderseitige Option besteht, sowie die beiden nachverpflichteten Spieler Zamal Nixon und Tyson Myers.

Jacob Patrick im Rampenlicht

Bei den deutschen Kandidaten hat zumindest der starke Jonas Wolhfarth-Bottermann noch einen Vertrag, und die Talente Lukas Herzog und Jacob Patrick haben sich ins Rampenlicht geschoben, so dass offenbleibt, was mit Hans Brase oder Kapitän Konstantin Konga passiert, der wegen einer Schulterverletzung gefehlt hat. „Wir sind solche Situationen gewohnt“, sagt Reil, was nichts daran ändert, dass er zumindest in diesem Sommer leichten Herzens darauf verzichten könnte. Zumal es wegen der Corona-Krise schon genug Probleme gibt. Nicht nur bei den Riesen. Reil sagt in seiner Funktion als Ligapräsident: „Ich bin mir relativ sicher, dass es zu Einnahmeausfällen kommen wird.“ Das klingt nach Sparmaßnahmen, auch bei den Spielern. Rasta Vechtas Clubchef Stefan Niemeyer hat zuletzt gesagt: „Die Gehälter werden drastisch sinken. Bis zu 50 Prozent.“ Wunsch oder Wirklichkeit? „Von so einer Tendenz habe ich bisher wenig gemerkt“, sagt Reil. Bleibt der Titel Vizemeister als sportliches Argument – auch wenn das bei Profis alleine oft nicht zählt.