Basketball-Bundesligist MHP Riesen Ludwigsburg kann stolz sein – auf seinen Nationalspieler Karim Jallow. Kleiner Haken: Der 21-Jährige ist nur eine Leihgabe der Münchner Bayern.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Ludwigsburg - Der FC Bayern ist für die meisten Sportfans der Region ein rotes Tuch – ob im Fußball oder Basketball. Doch bei den Spielern kann es da schon mal eine Ausnahme geben. Siehe Philipp Lahm, der seine Bundesliga-Karriere auf Leihbasis einst in Stuttgart begann – der Rest ist bekannt: Weltmeister 2014 wurde der Abwehrspieler, der einmal Michael Jordan als Idol nannte. Einen Basketballer also wie Karim Jallow – ebenfalls eine Leihgabe von Bayern München –, der im Sommer zu den MHP Riesen wechselte. Was in diesem Geschäft eher ungewöhnlich ist. Doch Ludwigsburgs Chef Alexander Reil und sein Pendant Uli Hoeneß pflegen ein freundschaftliches Verhältnis, so dass der Deal zustande kam. „Ohne das Entgegenkommen der Bayern wäre das nicht möglich gewesen“, sagte Trainer John Patrick schon vor Wochen. Genau genommen nach dem Auftaktsieg gegen Frankfurt, als Jallow gleich mal 24 Punkte beisteuerte. Das waren in einem Spiel mehr als in der gesamten vergangenen Saison. Als er allerdings auch die meiste Zeit in der zweiten Mannschaft verbrachte, die nur in der Pro B spielt, dritte Liga.

 

Bester Profi der ProB

Dort wurde Jallow im Herbst nachträglich als bester Spieler der Saison geehrt. Ein kleiner Pokal für den Trophäenschrank, es soll nicht der letzte sein. Wobei das in Ludwigsburg schwieriger wird als bei den Bayern. Beim Meister wurde der Konkurrenzkampf dafür noch größer als letzte Saison, in der es Jallow lediglich auf 20 Kurzeinsätze brachte, deshalb sagte dessen Sportdirektor Daniele Baiesi: „Gemeinsam haben wir entschieden, dass es im Sinne seiner sportlichen Entwicklung die richtige Entscheidung ist, ihn auszuleihen. Wir sind zuversichtlich, dass er dann als besserer Spieler und weiter gereifte Persönlichkeit zurückkehrt.“ Nach dem Traumstart folgte jedoch ein kleines Loch, aber zuletzt beim Champions-League-Spiel der Riesen in Nowgorod zeigte die Formkurve Jallows steil nach oben, und sein Trainer John Patrick bezeichnete ihn beim knappen 76:74-Sieg als „unseren Matchwinner“.

Vielleicht hatte ihn auch die Nominierung des Bundestrainers Henrik Rödl fürs Nationalteam zusätzlich motiviert, für das der 21-Jährige im September beim Supercup in Hamburg gegen die Türkei Premiere feierte. Drei Länderspiele hat er auf dem breiten Buckel, weitere sollen folgen. An diesem Freitag in der WM-Qualifikation in Griechenland und am Montag gegen Estland in der MHP-Arena. Das Heimspiel war sicher ein kleiner Bonus bei der Berufung, wobei Rödl im Vorfeld betont hatte: „Natürlich muss auch die Leistung stimmen.“

Mutter als strene Lehrerin

Und die Einstellung, wobei die Spieler längst wieder gerne zum Nationalteam reisen. Nach dem Dauerstreit mit der Euroleague, die parallel spielt und deren Profis (wie vom FC Bayern) deshalb unabkömmlich sind, ist das die Chance für junge Spieler. „Karim hat bei uns einen tollen Job gemacht, war ganz schnell integriert und hat seine Aufgaben bestens erfüllt“, sagte Rödl nach dem Debüt über den nominellen Shooting Guard, der bei den Riesen aber auch auf die Flügel ausweicht, wo er aufgrund seiner Schnelligkeit und Athletik vielleicht sogar besser aufgehoben ist. Denn da fällt seine Schwäche nicht ganz so ins Gewicht. Und die wäre? „Mein größtes Manko ist auf jeden Fall mein Wurf“, sagt der 1,98 Meter große Rap-Fan. „Den konnte ich zwar in den letzten Jahren verbessern, dennoch ist da noch viel Luft nach oben.“

In manchen Situationen wirkt das Talent noch – nennen wir es – übermotiviert. Andererseits kann eine gewisse Flexibilität der Positionen im modernen Basketball nie schaden, zumal wenn man große Ambitionen hat: „Mein Ziel ist klar die NBA“, sagt der 21-Jährige, der (wie sein jüngerer Bruder) immer schon beim FC Bayern spielt, genau wie einst schon sein Vater, der aus Gambia stammt und der Liebe wegen nach München gezogen ist. Seine Mutter wiederum hat stets ein Auge darauf geworfen, dass die Ausbildung nicht zu kurz kommt und Karim seinen Realschulabschluss macht. „Da war Büffeln angesagt“, erinnert sich Jallow, schließlich ist die Mama Lehrerin – auch fürs Leben.

So bekennt der Basketballer auch beim Thema Rassismus Farbe: „Sport eignet sich perfekt dafür, sich für ein Miteinander einzusetzen“, hat er vor ein paar Wochen gesagt, als sich die Teamkollegen des DBB in einem Video deutlich gegen Ausländerfeindlichkeit positioniert hatten. Ohne Karim Jallow, der weilte da schon nicht mehr im Kader, weil Kapitän Robin Benzing (von Besiktas Istanbul) nachgereist war.

Das zeigt, wie eng der Konkurrenzkampf im Nationalteam in Deutschland inzwischen ist. Kein Wunder also, dass Karim Jallow sagt: „Es wäre schon eine große Ehre, zur WM eingeladen zu werden.“ Für den Spieler und die MHP Riesen – falls er dann noch in Ludwigsburg spielt.