Alexander Reil, der Vorsitzende des Basketball-Bundesligsten MHP Riesen Ludwigsburg, spricht im Interview über die neue Basketball-Saison, die Champions League, den nächsten Umbruch, Geld und eine volle Halle.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Ludwigsburg - Erste Aufgabe für die Basketballer der MHP Riesen Ludwigsburg in dieser Saison ist die Champions-League-Qualifikation. An diesem Donnerstag (20 Uhr) steht das Rückspiel der ersten Runde gegen Sarajevo auf dem Programm – nicht nur für den Vorsitzenden Alexander Reil ein wichtiger Fingerzeig.

 
Herr Reil, hinter den Riesen liegt die sportlich erfolgreichste Saison in Ihrer Ära. Fürchten Sie, dass Ihr Club in der neuen Saison hinter den großen Erwartungen zurückbleiben könnte?
Die Frage ist, was man für eine Erwartungshaltung aufbaut. Klar war es eine tolle und für unsere Verhältnisse sehr erfolgreiche Saison. Aber wir wissen schon, dass es keine Garantie dafür gibt, immer so eine Spielzeit abzuliefern. Wir werden mit unserer Philosophie – 100-prozentiger Einsatz und Leidenschaft – wieder versuchen, eine ordentliche Rolle zu spielen. Und ich glaube, das wird uns auch gelingen können.
Zum Warmlaufen geht es in der Qualifikation zur Champions League los. Wie wichtig wäre das Erreichen der Gruppenphase?
Wir wollen uns qualifizieren, weil wir sehr gute Erfahrungen mit dem Wettbewerb gemacht haben. Außerdem würde sich das positiv auf die Stimmung zum Bundesliga-Auftakt auswirken. Es wird schwer, aber wir sind ganz gut aufgestellt und haben auch eine realistische Chance, das zu schaffen.
Stichwort Bundesliga-Start Anfang Oktober. Sind die internationalen Spiele eher eine Belastung oder eine gute Vorbereitung?
Es ist schon ein hartes Programm mit maximal sechs Spielen in zwei Wochen und vor allem den damit verbundenen Reisen. Deshalb müsste man sagen: körperlich ist es erst mal eine Belastung. Aber wenn wir es erfolgreich gestalten, dann hilft uns das. Wenn nicht, dann weniger. Doch dieses Risiko mussten wir einfach eingehen. Da gilt schon das Motto: no risk, no fun.
Ein Fachmagazin meinte bei der Einschätzung der Bundesligisten: Ludwigsburg verpasst diesmal die Play-offs, sollte es keine hochkarätigen Verpflichtungen mehr geben. Was halten Sie von diesem Urteil?
Ehrlich gesagt interessieren mich die Einschätzungen der sogenannten Experten relativ wenig. Ich glaube, vor vier Jahren haben alle gedacht, dass wir sowieso nur noch gegen den Abstieg spielen. Wir messen uns an der Realität und nicht an Prognosen.
Es sind wieder sehr viele neue Spieler gekommen. Wie schätzen Sie den Kader ein?
Ich glaube, dass es uns gelungen ist, Charaktere zu verpflichten, die für unsere Philosophie stehen. Aber es ist zu früh, um vorherzusagen, wie gut die Mannschaft ist. Das wird sich zeigen müssen. Wir sind es ja ein Stück weit gewohnt, jedes Jahr mit einem großen Umbruch an den Start zu gehen – und deshalb ist mir da auch nicht bange.
Johannes Thiemann hat mit dem Nationalteam bei der EM für Furore gesorgt. Wie wichtig ist es für den Verein, nach langer Zeit mal wieder einen deutschen Nationalspieler in seinen Reihen zu haben?
Ich habe das immer positiv gesehen. Das ist ein Maßstab dafür, dass man qualitativ hochwertige Spieler auch nach Ludwigsburg holen kann. Ich freue mich für ihn. Er hat es verdient, weil er hart arbeitet.
Und wann gelingt mal einem Eigengewächs der Durchbruch in der ersten Mannschaft?
Wir müssen versuchen, diesen talentierten Spielern optimale Rahmenbedingungen zu stellen, sie optimal auszubilden. Der Rest liegt am Spieler selbst. Er muss sich durchsetzen, Rückschläge verkraften können. Wenn das einer gut kann und das notwendige Talent besitzt, wird er es auch schaffen.
Die große Konstante in Ludwigsburg ist Trainer John Patrick. Wie wichtig ist seine Rolle?
Er hat über vier Jahre gezeigt, dass man aus weniger mehr machen kann. Er hat dafür gesorgt, dass wir in Ludwigsburg ein Stück weit ein Markenzeichen aufgebaut haben, wie wir spielen. Das gefällt nicht jedem. Aber das ist uns relativ egal, so lange wir da im Rahmen unserer Möglichkeiten erfolgreich sind.
Wie erfolgreich waren Sie bei Sponsoren?
Einige sind dazu gekommen, wie Kärcher oder Dinkelacker, aber auch andere. Unser Ziel ist immer, den Etat leicht zu steigern. Das ist uns wie in den vergangenen Jahren wieder gelungen. Aber es ist nicht der große Sprung, um zu sagen, wir stehen nun unter den Top vier oder fünf. Über vier Millionen Euro liegen wir jetzt schon, wobei das am Anfang der Saison immer etwas schwer einzuschätzen ist und auch davon abhängt, wie weit wir international kommen.
Die Allianz hat in Stuttgart auf einem Banner Werbung für die Riesen gemacht. Wollen Sie das Einzugsgebiet erweitern?
Das ist immer ein Ziel, wobei man klar sagen muss: Das ist werblich allein nicht machbar, dafür ist es viel zu teuer. Da haben wir andere Themen, wie zum Beispiel Schulcamps, Vereinscamps oder Kooperationen auch nach Stuttgart zu bringen. Das ist effektiver.
Andererseits ist bei 90 Prozent Auslastung der MHP-Arena kaum mehr Luft nach oben. Ist das ein Problem?
Ja, aber lieber habe ich tausend Leute pro Spiel, die keine Karte mehr bekommen – als dass es andersherum ist.
Was erwarten Sie an der Bundesliga-Spitze?
Bayern München ist fast schon gezwungen, endlich mal eine sehr erfolgreiche Saison zu spielen. Da zählt zum Schluss wirklich nur der Titel. Berlin hat ordentlich zugelegt, dann gibt’s natürlich Bamberg, aber auch andere Teams wie Oldenburg oder Ulm. Es wird aus meiner Sicht unheimlich spannend.
Die Nationalmannschaft hat künftig einige Länderspiel-Perioden während der Saison. Jetzt gibt es Streit mit der Euroleague, an der Bamberg teilnimmt, um die Abstellung der Spieler. Wie ist der Stand der Dinge?
Grundsätzlich halte ich es für richtig, wenn eine Nationalmannschaft nicht nur im Sommer auftritt. Die Farce an der Geschichte ist, dass es der Weltverband Fiba eben nicht geschafft hat, die NBA mit zu integrieren. Und Qualispiele für eine WM oder EM, bei denen die besten Spieler nicht dabei sind, halte ich – vorsichtig formuliert – für suboptimal.