Michael Schweikardt spricht vor dem Handballderby gegen Frisch Auf Göppingen über den Aufsteiger TVB Stuttgart und dessen Saisonstart in der Bundesliga. Von 2003 bis 2010 hat er für den Gegner gespielt.

Sport: Joachim Klumpp (ump)
TVB Stuttgart gegen Frisch Auf Göppingen: erstmals gibt es an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) das Duell in der Handball-Bundesliga – in der wohl ausverkauften Porsche-Arena. Michael Schweikardt kennt beide Vereine. Er hat sieben Jahre in Göppingen gespielt und ist seit drei Jahren zurück beim Aufsteiger TVB, seinem Heimatverein aus Bittenfeld.
Herr Schweikardt, am Mittwoch steigt das erste Bundesligaderby zwischen dem TVB und Frisch Auf Göppingen. Wie viele Emotionen spielen da für Sie persönlich mit?
Ich versuche, alle Emotionen rauszunehmen und mich nur an meinem Spiel zu orientieren. Ich will der Mannschaft so gut wie möglich helfen, sie so gut wie möglich leiten, um am Ende zwei Punkte zu holen.
Welche Erinnerungen haben Sie noch an Ihre eigene Zeit bei Frisch Auf?
Die liegt ja nun schon ein paar Jahre zurück. Trotzdem habe ich nur positive Gedanken, wenn ich an die Zeit denke. Es waren sieben schöne Jahre, die ich nicht missen möchte.
Die aktuelle Rollenverteilung ist klar. Der TVB ist als Aufsteiger Außenseiter, zumal Göppingen bislang eine starke Saison spielt. Welche Chancen rechnet man sich da aus?
Wir sind Außenseiter, das ist korrekt. Göppingen hat mit dem deutlichen Sieg gegen Kiel ein Ausrufezeichen gesetzt. Da müssen sie bei uns fast schon gewinnen, zumal sie sicher kein Derby gegen einen Aufsteiger verlieren wollen, so wie letztes Jahr in Bietigheim. Von daher können wir relativ unbelastet in das Spiel gehen.
Stichwort Bietigheim. Was spricht aus Ihrer Sicht dafür, dass den TVB nicht das gleiche Schicksal wie den Nachbarn ereilt, der in seiner ersten Saison prompt abgestiegen ist?
Ich bin von der Leistungsstärke der Mannschaft überzeugt. Wir haben zudem zwei, drei Spieler im Kader, die noch nicht voll integriert sind, aber den Fans noch viel Freude bereiten werden. Von daher bin ich sicher, dass wir am Ende von der Punktzahl her besser dastehen werden als Bietigheim – ob es zum Klassenverbleib reicht, muss man dann sehen.
Wo hapert es denn bisher noch: mehr in der Abwehr oder im Angriff?
An der Konstanz. Es gibt Spiele, da spielen wir super in der Abwehr, dafür hapert’s im Angriff; und es gibt Spiele, da ist es genau andersherum, wie am Sonntag gegen Gummersbach. Wir müssen einfach schauen, dass wir auf den Punkt genau in beiden Bereichen eine gute Leistung abrufen.
Ihr Bruder Jürgen – der TVB-Geschäftsführer – hat gegen Gummersbach bemängelt, dass man in der ersten Hälfte nur eine Gelbe Karte kassiert hat. Fehlt auch noch eine gewisse Bundesligahärte?
Gegen Gummersbach waren wir sicher ein Stück zu brav, vielleicht auch, weil Tobias Schimmelbauer mit seiner Aggressivität gefehlt hat. Auch da müssen wir an uns arbeiten und sagen: Wir spielen nicht unfair, aber hart, und bekommen eben auch mal eine Zweiminutenstrafe.
Die Mannschaft bestreitet die dritte englische Woche nacheinander. Ist das für einen Aufsteiger mit einem nicht so breiten Kader ein besonderes Handicap?
Der Spielplan ist sicher etwas unglücklich, wenn man bedenkt, dass sich Göppingen seit dem letzten Spiel gegen Kiel zwei Wochen vorbereiten konnte und wir dazwischen noch drei Spiele hatten. Aber wir müssen es nehmen, wie es ist.
Wo fehlt es dem TVB Stuttgart noch im Vergleich zu einem etablierten Verein wie Göppingen – mehr sportlich oder wirtschaftlich?
In beiden Bereichen. Göppingen hat eine lang gewachsene Tradition, der Sponsorenpool ist meines Wissens zum Großteil seit Jahren zusammen. Wir sind mit dem Umzug nach Stuttgart aber auf einem sehr guten Weg, auch wenn noch einiges fehlt, um mit Mannschaften wie Göppingen konkurrieren zu können. Aber das ist unser Ziel. Und wenn wir den Klassenverbleib schaffen, haben wir gute Chancen, das in naher Zukunft auch zu erreichen.
Ihr Bruder Jürgen war Trainer, ist jetzt Geschäftsführer, Ihr Vater Günter Sportlicher Leiter. Ist diese Familienbande eher ein Vor- oder ein Nachteil für Sie persönlich?
Vielleicht sogar eher ein kleiner Nachteil, weil noch mehr der Fokus darauf gelegt wird nach dem Motto: Was macht der Spieler Schweikardt? Aber ich versuche, das so professionell wie möglich anzugehen. Was von außen an uns herangetragen wird, muss mir im Grunde egal sein.
Nach Göppingen waren Sie in Melsungen, ehe es zurück zum TVB ging. Warum hat es in der Bundesliga nicht mehr so geklappt?
In Melsungen hatte ich sportlich einfach keine gute Zeit, das muss man sich auch eingestehen können. Wenn man wenig spielt, hat man dann auch wenig Angebote. Es gab zwar andere Anfragen von ambitionierten Clubs aus der zweiten Liga, aber für mich kam es nicht in Frage, dass ich gegen meinen Heimatverein spiele. Und speziell der Umzug nach Stuttgart war für mich ein gutes Konzept, das sich mit dem Aufstieg so entwickelte, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Und Ihr Tipp für das Spiel gegen Göppingen?
Da halte ich mich immer zurück. Aber wir gehen natürlich mit dem entsprechenden Siegeswillen in die Partie und wollen den 6000 Zuschauern ein tolles Spiel bieten.