Mick Jagger geht fremd: Der Sänger der Rolling Stones hat sich mit einer illustren Musikertruppe zu der neuen Band Superheavy zusammengetan.  

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Der Schlagzeuger Charlie Watts tut es (zuletzt mit dem Album "The Magic of Boogie Woogie"), die Gitarristen Ron Wood (mit "I feel like playing") und Keith Richards ("Vintage Vinos") ebenfalls: sie alle veröffentlichten im vergangenen Jahr Alben jenseits ihrer hauptberuflichen Tätigkeit als Musiker bei den Rolling Stones. Wenn meine Kollegen alle fremdgehen, warum dann nicht auch ich, mag sich der Sänger Mick Jagger gedacht haben.

 

Er blickt zwar bereits auf fünf Soloalben zurück und hat bekanntlich ebenfalls schon mit anderen Musikern als seinen Kumpels von den Stones musiziert; sein Duett "Dancing in the Streets" etwa mit David Bowie hat jeder noch im Ohr. Aber jetzt juckt es ihn schon wieder in den Fingern. Wie es sich für den Vorsteher der größten Rockband der Welt ziemt, hat er sich für sein neues Projekt allerdings mit Musikern zusammengetan, die den Namen dieser Band absolut rechtfertigen: Super-heavy heißt sie, mit den Schwergewichten Dave Stewart, Damian Marley, Joss Stone und A.R. Rahman ist sie entsprechend besetzt. Zu erwarten ist da ...ja, was eigentlich, wenn ein Rock-'n'-Roll-Sänger, ein Popsänger, ein Reggaesänger, eine Soulsängerin und ein Bollywoodsänger auf einem Album musizieren, das in den USA, Frankreich, Griechenland, der Türkei, in Indien und der Karibik eingespielt worden ist?

Im September ist es soweit

Man wird es bald sehen. Am 16. September soll die Debüt-CD von Superheavy veröffentlicht werden, die erste Single "Miracle Worker" ist vor wenigen Tagen schon erschienen. Sie klingt - wer hätte das gedacht! - nach Reggae mit ein bisschen Soul und Rock und Weltmusik, im Vordergrund hört man vor allem die Souldiva Stone und Bob Marleys Sohn Damian. Und sie ist blendend produziert, was angesichts der diesbezüglich hinlänglichen Erfahrung des "SlumdogMillionaire"-Komponisten Rahman und des Eurythmics-Masterminds Stewart ebenfalls nicht wirklich verblüfft.

An Einfällen mangelt es den vier Herren und der Dame aber offenbar nicht. Sie hätten sich getroffen und wollten eigentlich nur in ein Tonstudio gehen, um ein bisschen gemeinsam zu jammen und sich zu amüsieren, erzählte Jagger dem britischen Fachblatt "New Musical Express". Herausgekommen, fügte Dave Stewart hinzu, seien dann jedoch insgesamt 35 Stunden Tonaufnahmen mit Stücken, die teils länger als eine Stunde währten und die sie nun entsprechend komprimiert hätten.

Wie steht es um Live-Konzerte?

Über Jaggers Motive darf man unbefangen spekulieren. Geldmangel oder Profilierungssucht kann man definitiv ausschließen. Anderen hochkarätig besetzten sogenannten Supergroups (Crosby, Stills, Nash & Young, Traveling Wilburys, Velvet Revolver et cetera) mal zu zeigen, wo Barthel den Most holt, dürfte gewiss auch nicht Jaggers Triebfeder gewesen sein, schließlich steht er seit immerhin auch schon wieder 49 Jahren selbst einer Supergroup vor. Vielleicht war's die Lust eines knapp Siebzigjährigen, mit Jungspunden wie Stone und Marley zusammenzuarbeiten, womöglich schlicht die Lust am improvisierten Musizieren, die er bei den bis ins letzte Detail durchchoreografierten Routineabläufen auf Stones-Tourneen nur schwer ausleben kann.

Tourneepläne hegten sie mit Superheavy zurzeit allerdings nicht, so Jagger. Obwohl er dafür gewiss Zeit hätte. Die Rolling Stones bestehen selbstverständlich unverdrossen weiter, ließen jedoch jüngst mitteilen, dass sie derzeit weder ein neues Album planen noch Konzerte geben wollten.