Mit Windows 8 sind viele Nutzer unzufrieden, deshalb schiebt nun Microsoft rasch eine neue Version nach. Um den Sprung deutlich zu machen, nennt der Konzern das neue Betriebssystem gleich Windows 10. In manchen Punkten ist es aber eine Rückkehr zum bewährten Windows 7.

Stuttgart - Windows 9 wird übersprungen, um sich wieder Windows 7 anzunähern. So könnte man, etwas überspitzt, Microsofts Pläne für das kommende Windows 10 zusammenfassen. Am Mittwochabend soll die „Technical Preview“ genannte Vorabversion zum Download bereitstehen, nur wenige Stunden nach der ersten Ankündigung in San Francisco. Sie richtet sich an Unternehmenskunden, Entwickler und technisch Versierte. Eine Version für normale Kunden wird wohl frühstens Anfang kommenden Jahres erscheinen. Die endgültige Veröffentlichung wird für den Herbst 2015 erwartet. Mit seinem beherzten Vorgehen macht Microsoft vor allem eines deutlich: Der Konzern hat verstanden, dass er es sich nicht mehr leisten kann, die verbreitete Unzufriedenheit mit Windows 8 lange zu ignorieren.

 

Im neuen Windows sollen sich auch all jene zurechtfinden, die sich dem aktuellen Windows 8.1 verweigert haben. Windows 10 biete „das bekannte Gefühl von Windows 7 mit einigen Elementen aus Windows 8“, beschreibt der Microsoft-Manager Joe Belfiore die Neuausrichtung. Insbesondere das schmerzlich vermisste Startmenü soll eine Auferstehung erleben. Häufig genutzte Programme, Dokumente und Webseiten sollen darüber schnell erreichbar sein, der PC direkt heruntergefahren oder neu gestartet werden können. Eine Nostalgieveranstaltung soll diese Rückkehr zum Bewährten dennoch nicht werden. Die Windows-Apps, die ihren Platz derzeit auf dem umstrittenen Startbildschirm haben, werden kurzerhand ins Startmenü integriert. Das Schicksal des „Charms“-Menüs am rechten Bildschirmrand ist derzeit ungewiss. Es ist in der Vorabversion noch vorhanden, Belfiore kündigte aber auch hierfür Änderungen an, ohne diese näher zu präzisieren.

Apps für Windows sollen leichter zu programmieren sein

Dem Motto „Ein Windows für alle Geräte“ bleibt Microsoft weiterhin treu. Windows 10 soll sich flexibel an das Gerät anpassen, das der Nutzer gerade verwendet – ob PC, Notebook oder Xbox-Spielkonsole, Smartphone oder Tablet. Damit trägt man der Tatsache Rechnung, dass Geräte zunehmend über unterschiedliche Lebensbereiche hinweg verwendet werden. Den IT-Verantwortlichen soll es deshalb leichter gemacht werden, den privaten Tablet-PC eines Mitarbeiters in die Firmeninfrastruktur einzubinden, ohne deren Sicherheit zu beeinträchtigen. Darüber hinaus sollen Daten besser geschützt werden können, etwa wenn sie von Mitarbeitern auf externen Datenträgern wie USB-Sticks mit ins Home-Office genommen werden. So werden zum Verschlüsseln keine separaten Anwendungen mehr benötigt.

Gleichzeitig sollen Softwareentwickler auf diese Weise dazu animiert werden, neue Anwendungen für Windows bereitzustellen. Sie müssten nur eine einzige Applikation schreiben und über einen einheitlichen App-Store veröffentlichen und könnten so alle Geräte erreichen, verspricht Microsoft. Derzeit leidet die Windows-Welt insbesondere unter mangelndem Nachschub an neuen Apps. Während neue Anwendungen mittlerweile fast zeitgleich für Apples iOS und Googles Android erscheinen, hinkt die Umsetzung für Windows und Windows Phone meist hinterher. Und wenn die betreffenden Apps endlich verfügbar sind, hat sich die schnelllebige Technikwelt meist schon wieder in eine andere Richtung bewegt.

Für die Nutzer will man den Umgang mit den oft sperrigen und unflexiblen Anwendungen komfortabler machen. So öffnen sich Apps aus dem Windows Store unter Windows 10 wie Desktop-Programme im gewohnten Fenstermodus, sie lassen sich in der Größe anpassen, hin- und herschieben und können über eine Titelleiste geschlossen werden. Ein neuer Button am „Task“-Balken auf der linken Bildschirmseite ermöglicht denn schnellen Wechsel zwischen offenen Apps und Dateien. Darüber hinaus wird es möglich sein, parallel unterschiedliche Desktops anzulegen, beispielsweise für den beruflichen und für den privaten Einsatz.

Mit dem Überspringen von Windows 9 läuft Microsoft Gefahr, eines durchschaubaren Marketingtricks bezichtigt zu werden. Die angekündigten Neuerungen haben aber durchaus das Potenzial, auch Skeptiker mit der Windows-Welt zu versöhnen. Dazu muss der Konzern Windows 10 aber auch bald liefern.