Unter dem Druck neuer Einkaufszentren und immer mehr Ladenflächen drohen viele Einkaufsstraßen in der Region Stuttgart an Qualität zu verlieren. Die IHK sieht die Städte gefordert, gute Bedingungen für den Einzelhandel in der Region zu schaffen.

Stuttgart - Unter dem Druck neuer Einkaufszentren und immer mehr Ladenflächen, stagnierender Konsumentenzahlen und zunehmender Einkäufe übers Internet drohen viele Einkaufsstraßen in den Städten der Region Stuttgart – vor allem an den Rändern – an Qualität zu verlieren. Von diesem Abwärtstrend bleibt allerdings die Innenstadt dank des anhaltend starken Andrangs von Ladenbetreibern und Filialisten bis jetzt verschont. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Bestandsaufnahme der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart (IHK). Sie sieht deshalb die Städte in der Pflicht gegenzusteuern.

 

Die Kommunen seien gefordert, Standorte und Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass es für den stationären Einzelhandel auch künftig wirtschaftlich möglich bleibe, vor Ort präsent zu sein. „Für eine hohe Anziehungskraft der Region Stuttgart sind Innenstädte mit einem ansprechenden Handelsangebot, Dienstleistungen, Gastronomie, Kultur- und Freizeitangeboten zusammen mit öffentlichen Dienstleistungen unabdingbar“, erklärte der IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Richter. Als Stichworte für den Handel fördernde Maßnahmen nennt er Sauberkeit und Sicherheit, Verzicht auf unnötige Bürokratie und gute Erreichbarkeit. Durchfahrtsbeschränkungen für den Lieferverkehr und überzogene Parkgebühren seien für lebendige Einkaufsstandorte dagegen ebenso kontraproduktiv wie „eine Citymaut als Stuttgarter Insellösung“.

Als Beispiele für Einkaufslagen mit Abwärtsentwicklung nennt die IHK die nördliche Marktstraße in Bad Cannstatt, die an Frequenz verloren habe und zunehmend von billigen Dienstleistern geprägt sei. Sorgen bereitet auch die Poststraße in Böblingen, die sich von einer Toplage mit 1-a-Bewertung zu einer 1-b-Lage entwickelt habe. Auch das am alten Busbahnhof entstehende neue Einkaufszentrum, so Martin Eisenmann von der IHK, werde zur Folge haben, dass andere Handelslagen das Nachsehen hätten. In Nürtingen habe die Kirchstraße an den Rändern Probleme bekommen, nachdem das große Kaufland Kaufkraft abgezogen habe. „Ein weiteres Einkaufszentrum, das am Bahnhof im Gespräch ist, würde der Innenstadt deshalb nicht guttun“, sagt Eisenmann.

Die Stuttgarter Innenstadt dagegen nimmt aufgrund vieler Investoren und Neueröffnungen eine Sonderstellung ein. Negative Tendenzen, die vor Jahren nicht zuletzt in Ein-Euro-Läden im Bereich der oberen Königstraße sichtbar wurden, sind längst überwunden. Der Immobilienreport Einzelhandel kam jüngst zu der Feststellung, dass vom anhaltenden Nachfrageüberhang auf die Königstraße auch die Nebenlagen profitierten, weil einige mangels Ladenangebot auf der Königstraße dorthin ausweichen würden. Diese Einschätzung teilt auch die IHK.

Bei der aktuellen Mietpreisumfrage der Industrie- und Handelskammer, an der sich rund 700 Händler aus Stuttgart und der Region beteiligt haben, waren denn auch die Toplagen auf der Königstraße und der Schulstraße wieder mit großem Abstand Spitzenreiter. Deutlich mehr als 200 Euro je Quadratmeter erreichten hier die Spitzenmieten. Damit liege Stuttgart nach München und Frankfurt etwa gleichauf mit Hamburg, Düsseldorf, Berlin und Köln.

Bei der Bestandsmiete liegt demnach der Durchschnitt bei 76 Euro pro Quadratmeter. Außerhalb der Landeshauptstadt sind Esslingen und Ludwigsburg die teuersten Standorte für den Einzelhandel. In Toplagen von Esslingen wurden Durchschnittsmieten von etwa 60 Euro je Quadratmeter ermittelt, in Ludwigsburg 43 Euro. Die Mietspannen innerhalb der Region Stuttgart sind gewaltig. Die regional niedrigste Miete zahlt unter den Teilnehmern der IHK-Umfrage mit nur drei Euro pro Quadratmeter ein Einzelhändler in Murrhardt.