Eine neue Agentur soll die Arbeit in den Mitgliedsstaaten besser koordinieren und das Einhalten der Standards überwachen

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Brüssel - Die Einigung wird von vielen EU-Politikern wie ein großer Sieg gefeiert. „Das ist ein historischer Schritt für die Reform des Asyl-Systems“, unterstreicht Elena Yoncheva. Der Umbau des in Malta ansässigen Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (Easo) zu einer eigenständigen EU-Agentur sei ein zentraler Grundstein einer neuen europäischen Migrationspolitik, sagt die bulgarische EU-Abgeordnete am Donnerstag im Straßburger Parlament.

 

Tiefe Risse in der EU beim Thema Asyl

Doch bereits bei der folgenden Aussprache im Plenum zeigen sich die tiefen Risse innerhalb der EU in Sachen Migrationspolitik. Vor allem linke Politiker im Parlament geißeln, dass der „verachtende Umgang mit Menschen an den Außengrenzen“ auch mit der neuen Agentur kein Ende habe. Die national-konservativen Parlamentarier fürchten hingegen um ihre Souveränität und sind überzeugt, dass sich Brüssel in Zukunft noch mehr in die inneren Angelegenheiten ihrer Länder mischen werde.

Ziel der neuen EU-Agentur ist es, Mitgliedstaaten bei Bedarf besser bei der Registrierung von Migranten und der Prüfung von Asylanträgen helfen zu können. Gleichzeitig sollen die Standards überwacht werden, ob sie mit dem EU-Recht im Einklang stehen. Dafür soll der Agentur ein Pool von 500 Experten permanent als Reserve zur Verfügung stehen. Zudem soll die Agentur Wege entwickeln, um die Asylverfahren, die Aufnahmebedingungen und die Beurteilung der Schutzbedürftigkeit in der EU weiter zu vereinheitlichen.

Große Probleme an der Grenze zu Belarus

Kritiker bezweifeln aber, ob damit Situationen wie aktuell an der Grenze zu Belarus besser bewältigt werden können. Angesichts des anhaltenden Andrangs von Migranten hat das polnische Parlament den Ausnahmezustand an der Grenze zu dem Nachbarland verhängt. Die Regierung in Warschau beschuldigt den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen. Hilfsorganisationen haben den Verdacht, dass Polens Grenzschutz das Gros der Migranten wieder nach Belarus zurückschickt. Das lässt sich wegen des Ausnahmezustands an der Grenze kaum überprüfen, da Journalisten und Helfer nicht in das Gebiet dürfen.

Massive Probleme gibt es auch in Frankreich. Nach einem Bericht von Human Rights Watch schikanieren französische Sicherheitskräfte täglich Migranten in der Hafenstadt Calais. Seit Jahren halten sich dort Tausende Menschen auf, um über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu gelangen. Um die Flüchtlinge abzuschrecken werden die kleinen Zeltlager immer wieder von der Polizei gewaltsam geräumt.

Die EU-Asylpolitik ist festgefahren

Die neue EU-Agentur gilt vielen wohl auch deshalb als Erfolg, da die Asyl- und Migrationspolitik der EU praktisch festgefahren ist. Ein Jahr, nachdem die EU-Kommission Vorschläge dieses Bereiches vorgelegt hat, bewegt sich in den Verhandlungen der EU-Staaten nur wenig. Gestritten wird etwa weiter darüber, ob und wie Schutzsuchende auf die EU-Länder verteilt werden. Dabei sollte der Asyl- und Migrationspakt vom September 2020 ein Neuanfang sein. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen räumte kürzlich ein, man habe „nur quälend langsame Fortschritte erzielt“.