Polens Regierung wirft dem Nachbarn Belarus vor, Migranten an die EU-Außengrenze zu bringen. Nun soll das Recht auf Asyl ausgesetzt werden. Doch ein Koalitionspartner von Donald Tusk legt sich quer.

Polen will mit einem neuen Gesetz das Recht auf Asyl an der Grenze zu Belarus vorübergehend aussetzen. Der Gesetzentwurf werde in einigen Wochen vorliegen, sagte Jan Grabiec, der Kanzleichef von Ministerpräsident Donald Tusk, dem Sender TVN24. „Das Gesetz besagt: Wenn jemand illegal die polnische Grenze überquert, der von belarussischen Diensten dorthin gebracht wurde, wenn es sich um ein Element der hybriden Kriegsführung handelt, dann ist der polnische Grenzschutz nicht verpflichtet, Asylanträge dieser Personen anzunehmen.“

 

Tusk hatte am Wochenende auf einem Parteitag seiner liberalkonservativen Bürgerkoalition angekündigt, sein Land plane die vorübergehende Aussetzung des Asylrechts. Dies hatte ihm von der EU-Kommission und von Menschenrechtsorganisationen im In- und Ausland Kritik eingebracht.

Kritik aus dem In- und Ausland

Polen und die EU beschuldigen Russland Präsidenten Wladimir Putin und seinen Verbündeten, den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze zu bringen, um Druck auf den Westen auszuüben. Trotz des Baus eines mehr als fünf Meter hohen Zaun und eines elektronischen Überwachungssystems versuchen Migranten täglich, irregulär die Grenze zu überqueren. Seit Beginn des Jahres hat der Grenzschutz knapp 28.000 solcher Versuche registriert. Deutschlands östliches Nachbarland hat rund 37 Millionen Einwohner. 

Das Kabinett befasste sich in Warschau in einer sechsstündigen Sitzung mit einem Papier zur Migrationspolitik. Darin heißt es: „Wenn die Gefahr einer Destabilisierung des Landes durch den Zustrom von Migranten besteht, soll es möglich sein, das Recht auf Annahme von Asylanträgen vorübergehend und territorial auszusetzen.“

Nach der Kabinettssitzung schrieb Tusk auf der Plattform X, die Regierung habe das Papier in einer „schweren, aber äußerst notwendigen Entscheidung“ angenommen. Offenbar traten aber während der Sitzung Spannungen zwischen den Koalitionspartnern von Tusks Mitte-Links-Bündnis in der Asylfrage zutage. 

Die vier Minister des Linksbündnisses Lewica hätten eine abweichende Meinung formuliert, sagte Digitalisierungsminister Krzysztof Gawkowski dem Portal Onet.pl. „Wir halten die Verschärfung der Verfahren für illegale Migranten für nötig, aber wir wollen nicht, dass Elemente wie die Aussetzung des Asylrechts in der Strategie auftauchen.“