Die Landwirtschaftsminister haben die Bauern aufgefordert, ihre Milchmengen zu reduzieren. Dadurch sollen die Preise steigen.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Die deutschen Landwirtschaftsminister haben auf ihrer Frühjahrskonferenz in Göhren-Lebbin die Milchbauern aufgefordert, ihr Milchangebot zu reduzieren. Einstimmig, so heißt es in einer Mitteilung des Landwirtschaftsministers von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus (SPD), hätten er und seine Kollegen an die Bauern appelliert, weniger Milch zu erzeugen. Die Bauern erhielten nun „letztmalig“ die Möglichkeit dies „freiwillig“ zu tun. Die Politik sei bereit, dabei auch staatliche Hilfen zu zahlen. Backhaus ist turnusgemäß Vorsitzender der Konferenz der Agrarminister. Der Bund müsse nun entsprechende Finanzmittel bereitstellen oder diese von der Europäischen Union verlangen. Falls auf die Landwirte ihre Milchmengen nicht freiwillig verringerten, müssten sie – zeitlich befristet – mit einer Reduzierung der Milchmengen durch den Staat sowie mit Sanktionen rechnen. Besorgt zeigten sich die Minister darüber, dass die Landwirte im vergangenen Jahr trotz ruinöser Preise immer mehr Milch erzeugt hätten. Dies führte auch dazu, dass der Preis, den die Landwirte pro Liter Milch erhalten, inzwischen bei nur noch 25 Cent liegt. „Bei 25 Cent pro Liter schreiben die meisten Bauern rote Zahlen“, sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken.

 

Ein Sprecher des in Opposition zum Bauerverband stehenden Bundesverbands deutscher Milchviehhalter (BDM) bezeichnete diesen Preis als ruinös. Um ihre Kosten decken zu können, bräuchten die Landwirte einen Preis von 35 Cent für jeden Liter, sagte der Sprecher. Wollte sie investieren oder Schulden zurückzahlen, müsste der Preis sogar bei 45 Cent pro Liter liegen, meint der BDM. In diesem sind rund 15 000 Milcherzeuger zusammengeschlossen. Nach Ansicht des Bauernverbandes kann ein solcher Preis allerdings nicht genannt werden, da die Kosten der einzelnen Landwirte sehr unterschiedlich seien.

Der Bund der Milchviehhalter hat die Agrarministerkonferenz mit Protestaktionen begleitet, an denen nach seinen Angaben rund Bauern teilnahmen. Unter anderem hatten die Teilnehmer Milch aufgeschäumt um zu zeigen, dass sie sich nicht länger mit „politischen Schaumschlägereien“ abspeisen lassen wollten. Die Beschlüsse der Agrarminister bezeichnete der Sprecher des Bundes als Schritt in die richtig Richtung. Die Minister hätten erkannt, dass die Milchmenge reduziert werden müsse und dass es dafür staatliche Anreize nötig seien.

Immer mehr produzieren erhöht den Druck auf die Preise

Dem Bauernverband warf der Bund der Milchviehhalter vor, mit seiner dauernden Kritik am Lebensmitteleinzelhandel von den eigentlichen Problemen abzulenken. Sowohl Teile des Verbandes als auch der Molkereien hätten den Landwirten eingeredet, sie könnten produzieren, soviel sie wollten, sagte der Sprecher der Milchviehhalter, auch weil die Weltmärkte offen stünden. Nach Meinung des Bauernverbandes bieten die Beschlüsse der Agrarminister nicht viel Neues. Er nehme an, die politischen Absichtserklärungen „helfen nicht viel“, sagte Krüsken. Auch nach Meinung des Generalsekretärs des Bauernverbandes ist die jetzige Preissituation „für viele Betriebe ruinös“. Anfang 2014 hätten die Molkereien für einen Liter Milch noch 30 Cent gezahlt, im zweiten Halbjahr habe dann der Preissturz eingesetzt. Um die Misere zu beheben, müssten die Molkereien ihre Vermarktung verbessern, erklärte der Generalsekretär des Bauernverbandes. Vor allem auch die Sanktionen Russland gegen Agrarprodukte aus der Europäischen Union, aber auch die gesunkene Nachfrage aus China drücke die Preise. Russland hat mit seinen Sanktionen auf ein Embargo der Europäischen Union vor allem für Industriegüter reagiert. Jetzt komme es darauf an, die Betrieb durch die Krise zu bringen, meinte der Generalsekretär des Bauernverbandes. Dies könne durch staatliche Liquiditätshilfen, aber auch durch Bürgschaften geschehen. „Irgendwann springt die Nachfrage wieder an“, meinte Krüsken.

Der Milchpreis in Baden-Württemberg lag nach den Angaben einer Sprecherin des Bauernverbandes in Baden-Württemberg im März bei etwas mehr als 27 Cent pro Liter. Im März 2015 seien dagegen noch fast 32 Cent bezahlt worden. Derzeit schwankten die Auszahlungspreise bei neun Molkereien, die für die Preisfeststellung herangezogen worden waren, zwischen etwas mehr als 25 Cent und knapp 32 Cent für jeden Liter. In Baden-Württemberg gibt es im Augenblick noch 8500 Milchbauern mit 350 000 Kühen. Vor sechs Jahren waren noch 11 500 Milchviehalter mit 354 000 Kühen gezählt worden.