Mehr Tageslicht im Plenarsaal: der Landtag soll für 40 Millionen Euro saniert werden. Doch bereits jetzt deutet sich ein Streit über die Kosten an.

Stuttgart - Baden-Württembergs Parlamentspräsident Guido Wolf (CDU) will den Landtag von Grund auf sanieren und Tageslicht in den Plenarsaal bringen. „In der Legislatur soll die Sanierung des Landtagsgebäudes gestartet, nach Möglichkeit vollzogen werden“, sagte Wolf der dpa in Stuttgart. Der CDU-Mann hofft, dass der Umbau bereits 2014 abgeschlossen ist. Der flache Glaskubus im Herzen Stuttgarts soll energetisch saniert und technisch neu ausgestattet werden.

 

Wolf wünscht sich zudem, dass das Gebäude im klassischen Stil ein Glasdach erhält. Bei diesem Punkt deutet sich im Landtag aber ein Streit über die Kosten an, denn ein Durchbruch von oben würde die Sache teuer machen. In diesem Fall würde die Sanierung zwischen 35 und 40 Millionen Euro kosten. Das hat eine Studie der Stuttgarter Projektgesellschaft Drees & Sommer im Auftrag des Parlaments ergeben, wie die dpa erfuhr. Das Glasdach würde allein mit 12 bis 14 Millionen Euro zu Buche schlagen.

"Es muss in die Zeit passen"

Drees & Sommer haben aber noch zwei weitere Versionen durchgerechnet, die billiger wären. Die günstigste Lösung, bei der Glastüren im Plenarsaal eingebaut würden, liegt zwischen 24 und 27 Millionen Euro. Die mittlere Variante kostet 29 bis 33 Millionen - dabei würden die holzvertäfelten Wände durch Glas ersetzt. Präsident Wolf, der seit gut 100 Tagen im Amt ist, sagte: „Es muss eine in finanzieller Hinsicht vertretbare Lösung sein.“ Es sei ein Spagat. „Wir brauchen einen repräsentativen Landtag. Aber es muss in die Zeit passen, und da ist eben nicht alles machbar.“

Es müsse aber Tageslicht in den Saal des 1961 eingeweihten Gebäudes. „Das ist übereinstimmender Wille aller Fraktionen. Alle Abgeordneten leiden ein Stück weit unter dieser Situation.“ Debattenkultur habe auch etwas mit Atmosphäre zu tun. „Wenn man Debatten transparent führen will, dann passt es nicht, dass man kein Tageslicht im Plenarsaal hat.“

Er sei ganz sicher, dass es bauliche Möglichkeiten geben wird, dieses auch umzusetzen. „Möglicherweise ist das die Chance, etwas nachzuholen, was beim Bau des Landtags schon eine Rolle gespielt hat, aber aus Kostengründen nicht realisiert wurde. Vielleicht bringen wir etwas Unvollendetes jetzt zu Ende.“ SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte zu den möglichen Kosten nur: „Wir Sozialdemokraten sind keine Traumtänzer.“ Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke sieht das „leidenschaftslos“.

"Mit den Ministerien auf Augenhöhe"

Man könne die Plenartage auch bei künstlichem Licht ertragen. „Da wird man sich die Kostenschätzungen anschauen müssen“, sagte er der dpa. Die Bauarbeiten sollen womöglich noch 2012 beginnen, sagte Wolf. Da das Kultusministerium im Herbst dieses Jahres aus dem Neuen Schloss ausziehen will, könnte der Landtag für ein bis zwei Jahre dorthin umsiedeln, erklärte der Präsident. Im Haushalt 2012 seien bereits Planungsmittel in Höhe von zwei Millionen Euro eingestellt.

Außerdem habe der Landtag eine Baukommission gebildet. „Es ist uns ernst. Wir wollen, dass es jetzt konkret losgeht“, sagte Wolf. Rülke und CDU-Fraktionschef Peter Hauk beklagten, dass das Abgeordnetenhaus mit den Büros nicht - wie noch in der vergangenen Wahlperiode geplant - ganz ins Neue Schloss umziehen kann. SPD-Chef Nils Schmid will dort das Finanz- und Wirtschaftsministerium zusammenziehen. Rülke kritisierte: „Dass wir dort hereingehen, hat nicht mit den monarchistischen Allmachtsfantasien von Nils Schmid zusammengepasst.“

Auch Hauk mokierte sich über „Schlossherr“ Schmid, der offensichtlich ein „StaMile“ - also ein kleines Staatsministerium aufbauen wolle. Hauk mahnte, das Gesamtkonzept müsse auch eine Lösung für die Büros der Abgeordneten beinhalten, die mit ihren Mitarbeitern ein 12-Quadratmeter-Büro zur Verfügung hätten. „Wichtig ist, dass wir von den Arbeitsbedingungen her mit den Ministerien auf Augenhöhe arbeiten können.

"Ein Staatsministerium, das mitten in der Stadt liegt"

Nur so ist eine wirksame Kontrolle der Regierung möglich.“ Regierungssprecher Rudi Hoogvliet bestätigte, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in der ebenfalls renovierungsbedürftigen Villa Reitzenstein oberhalb der Stuttgarter Innenstadt bleiben wolle. Kretschmann hatte damit geliebäugelt, seinen Regierungssitz ins Zentrum zu verlegen.

„Ich hätte schon lieber ein Staatsministerium, das mitten in der Stadt liegt und nicht abgelegen auf dem Berg, wo es von der Bevölkerung abgeschottet ist“, hatte er 2011 erklärt. Im 21. Jahrhundert aus einem Schloss heraus zu regieren, sei für die politische Ästhetik „nicht ganz so einfach“. Die Villa Reitzenstein muss aber ebenfalls saniert werden. Der Bau im Stuttgarter Osten wurde zwischen 1910 bis 1913 hochgezogen und gilt als eine der prachtvollsten Regierungszentralen in Deutschland.