Als Sänger ist Peter Vokal viel herumgekommen: Er war bei Marianne und Michael, auf Konzertreisen und regelmäßig auf dem Wasen. Inzwischen singt der Bademeister aus dem Mineralbad Cannstatt nur noch für seine Badegäste – mit großem Erfolg.

Stuttgart - Wo soll man bei diesem Mann anfangen? Das Leben von Peter Vokal ist bis oben voll mit kleinen Geschichten. Zum Beispiel mit dieser: Als singender Bademeister im Mineralbad Cannstatt umschwärmen ihn die älteren Damen. Wenn er einen Kurs in Wassergymnastik gibt und dazu ein „La donna è mobile“ schmettert, ist das Becken immer gut besucht. „Er ist der beste Bademeister und macht die beste Gymnastik“, sagt Lieselotte Ruthardt, die eine pinkfarbene Badekappe trägt und Stammgast im Mineralbad ist.

 

Auch schon früher sorgte Peter Vokal für Aufsehen: In den 60er Jahren hat er einen tschechischen Talentwettbewerb in seiner Heimatstadt Prag gewonnen und Karel Gott auf den zweiten Platz verwiesen. Von da an waren sie befreundet.

Oder wie er in den 80er Jahren als lustiger Tscheche durch Deutschland getourt ist: Das Duo Vera und Peter mit seiner neuen böhmischen Blasmusik war gefragt, ob bei „Marianne und Michael“, in Heinz Schenks „Zum blauen Bock“ und in der Volksmusiksendung „Im Krug zum grünen Kranze“. „Wir waren die Einzigen, die immer live gesungen haben“, sagt Vokal. Selbst in Amerika ist er aufgetreten: Als „Peter from the Czech Republic“ hat er böhmischen Schmalz (das sagt er selbst) gesungen. Später ist er 14 Jahre lang jeden Herbst im Weinzelt Stamer auf dem Cannstatter Wasen aufgetreten.

Der Vater wollte ein anderes Leben für ihn

Dabei hätte sein Leben eigentlich ganz anders laufen sollen. Als der heutige Stuttgarter Peter Vokal in den 1940er Jahren in Prag aufwuchs, hatte sein Vater den festen Vorsatz, seinen Sohn in einem ordentlichen Beruf unterzubringen. Zu unstet und zu ungesund war das Leben als Musiker, das der Vater führte und das er seinem Sohn ersparen wollte. Dieser sollte es besser machen. „Ich bin Chemiker geworden, aber habe nach drei Jahren alles für die Musik hingeworfen“, sagt Peter Vokal, der ausgerechnet seinem Vater die Schuld dafür gibt: „Die Gene“, sagt er und lacht.

Mit seiner Kapelle, dem „Jo Strebl Sextett from Prague“, war Peter Vokal Čaus der CSSR in den 60er und 70er Jahren viel unterwegs, auch in Deutschland. Immer wieder ist er in die Tschechoslowakei zurückgekehrt. Einen Auftritt in der Schweiz vergisst er nie: Das Sextett spielte im noblen Hotel Baur au Lac in Zürich. Vor dem Eingang stand plötzlich Karel Gott – inzwischen eine Berühmtheit – und wollte das Gastspiel seines Freundes besuchen. „Der Portier am Eingang hat ihn nicht reingelassen“, erzählt Peter Vokal. „Er wusste zwar, wer Karel Gott ist, aber er hat gesagt: ,Selbst wenn es der amerikanische Präsident ist: Ohne Krawatte kommt niemand rein‘.“ Die goldene Stimme aus Prag musste draußen bleiben.

Zwischen den vielen Tourneen hat er 1973 in Hamburg geheiratet – nachdem er fast seine eigene Trauung verpasst hat. Wegen der Ölkrise galt ein Fahrverbot und ein strenges Tempolimit. Den Polizisten hat er in tschechisch-deutschem Kauderwelsch erklärt, dass seine Braut auf ihn wartet und er deshalb Gas geben muss.

Peter Vokal schwört auf singen, schwimmen und Sex

Inzwischen ist er geschieden, neu liiert und seit 1999, als er als Vollzeit-Bademeister bei den Bäderbetrieben anfing, in Stuttgart sesshaft geworden. Schon immer ist er gern geschwommen – „egal, wo wir einen Auftritt hatten, ich bin immer ins Schwimmbad gegangen.“ Er hat das Trinken und Rauchen hinter sich gelassen und schaut kopfschüttelnd zurück: „Was früher hinter der Bühne abgegangen ist, kann man sich kaum vorstellen. Besonders bei den volkstümlichen Sendungen.“

Dass er trotz des früheren Stresses so fit und sportlich ist, schiebt er auf sein neues Lebensmotto: „Die sechs ,S‘, die empfehle ich jedem: singen, schwimmen, saunieren, Spaß, Sport und Sex.“ Seitdem er im Ruhestand ist und nur im Sommer als Bademeister aushilft, hat er auch mehr Zeit für Yoga und Reisen nach Prag. Früher, zu den wilden Zeiten als Musiker, ist er zum Ausgleich geschwommen, heute ist es umgekehrt: Er singt zum Ausgleich. Die Kassenfrau bekommt schon eine Gänsehaut, wenn sie nur erzählt, wie Peter Vokal abends um kurz vor halb zehn zum Badeschluss ins Mikrofon die Arie „Nessun dorma“ singt . . .