Die Laune des Chefs bestimmt das Menü im Ming China Center. Das bietet chinesische Kost vom Feinsten.

Stuttgart - Eigentlich gibt es viele gute Gründe, dieses Restaurant zu meiden. Man muss zwingend vorab reservieren, man kann sein Essen am Anfang nicht wirklich selbst auswählen und am Ende nicht mit Plastikkarte bezahlen. Getrennte Rechnungen an einem Tisch werden nicht akzeptiert. Doch dann gibt es da einen einzigen Grund, all diese Einschränkungen ganz einfach zu ignorieren: wahrscheinlich findet sich nirgendwo in der Region ein Ort, an dem chinesische Küche so hervorragend und authentisch zelebriert wird.

 

Wir speisen zusammen mit Frau Shi. Die ist vor drei Monaten aus Peking gekommen und hatte nach schockierenden Geschmackserlebnissen geschworen, nie wieder einen Fuß in ein von Landsleuten betriebenes Restaurant in Deutschland zu setzen. Im Laufe des Abends wird sie allen Küchengöttern dieser Welt dafür danken, diesen Schwur gebrochen zu haben. Woher der Küchenchef denn komme, fragt unsere Begleitung gleich zu Beginn, und ist mit der Antwort höchst zufrieden. Schließlich zählt die Provinz Shandong zur Spitzengruppe bei der Kochausbildung. Später, beim gedünsteten Fisch, wird Frau Shi vor Glück zu glucksen beginnen, doch schon auf dem Weg dorthin verrät ein breites Strahlen, dass alle Geschmacksnerven zur vollsten Zufriedenheit gekitzelt werden.

Eine Flut kalter Vorspeisen

Die Speisekarte ist schnell erzählt. Es gibt vier Menüs, das günstigste für 19,90 Euro pro Person, dann geht es in 10-Euro-Schritten nach oben. Zehn Gänge hat jedes Menü – mindestens. Aus was die bestehen, entscheidet die Tageslaune des Chefs. Der heißt Ming ze Schaumann und geht jeden Morgen einkaufen. Wir haben die zweitteuerste Variante bestellt, 39,90 Euro pro Person – und werden von einer Flut kalter Vorspeisen überrollt. Neben Fisch, Rind und Sashimi werden Kaviar-Eier und frittiertes Gemüse auf hübschen Designertellerchen gereicht. Der Chef hat auch da den Blick für das Besondere. Nebenbei entwirft er Möbel, wer will, kann die im Restaurant gleich erwerben.

Das Essen wird wärmer. Man kann bei der Zubereitung von Jiaozi, einer Art chinesischer Maultasche, sehr viel falsch machen, sie zu pampig oder zu kross servieren. Hier haben die enorm arbeitsaufwendigen Leckerli die Pfanne genau zum richtigen Zeitpunkt verlassen. Der Fleischsaft tropft genau in dem Maße aus ihnen hinaus, in dem er tropfen sollte, der Magen schreit förmlich nach mehr.

Delikatesse durch die Stäbchen gegangen

Doch dafür ist gar keine Zeit. Es folgen Rinderfilet mit Tomate, gebratene Nudeln, natürlich handgemacht. Es steht da Gemüse, Shrimps, Rind mit Zwiebeln und eben der gedünstete Fisch. Hätten wir ihm doch gesagt, dass wir mit einer Chinesin kommen, sagt Ming ze Schaumann, dann hätte er einen frischen Lachskopf besorgt. Frau Shi schaut kurz etwas geknickt, weil ihr da eine Delikatesse durch die Stäbchen gegangen ist, und Herr Schaumann erklärt, dass er deutschen Gästen diesen Teil des Fisches gewöhnlich vorenthalte, auch wenn ja jeder wisse, dass es nichts Besseres gebe auf der Welt. Darüber beschweren wir uns nicht, ebenso wenig wie über den Verzicht auf Glutamat und Geschmacksverstärker.

Der Trollinger (0,2 Liter 3,80 Euro) und das Apfelschorle (0,4 Liter 2,80 Euro) müssen ein wenig zur Seite rücken für Ente und für Schweinefleisch süß-sauer. Das müsse heiß gegessen werden, sagt Frau Shi. Und das lohnt sich. Dieses Schweinchen hat so gar nichts mit dem zu tun, was all die Asia-Thai-China-Lokale zusammenpampen und deutschen Gaumen als fernöstlich verkaufen. So wenig, wie das Design des Gebäudes mit deutscher Architektur zu tun hat. Von außen ist das Chinahaus am Ortseingang schließlich seit Jahren ein Hingucker. Nach Eigentümerwechsel und Totalsanierung lohnt es sich, auch einzutreten.

Ming China Center Mühlstraße 100, 71691 Freiberg a. N. , Telefon 0 71 41/92 03 88, www.mingchinacenter.de. Montag bis Freitag ab 17 Uhr, Samstag und Sonntag ab 11 Uhr.

Die Bewertung

Küche *****

Service ****

Ambiente ****

***** = herausragend, **** = überdurchschnittlich, *** = gut, ** = Luft nach oben, * = viel zu verbessern

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-/Leistungsverhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.