Es braucht nicht viel, einen Schläger, einen Ball – und dann ab ins Loch. Minigolf ist eine althergebrachte und simple Form des Vergnügens. In Stuttgart lässt sich in historischer Umgebung spielen.

Stuttgart - In Stuttgart grasten noch die Pferde, da haben in Bad Cannstatt schon römische Ärzte operiert. Die Wiege der hiesigen Heilkunst lag am Neckar. In dem Kurort ließen sich Adlige und Künstler behandeln, schätzten die Vorzüge des Mineralwassers, hier verschrieb man sich vor bereits 170 Jahren der Homöopathie. Um die hochmögenden Gäste zu empfangen, entstand nach den Plänen von Nikolaus Friedrich von Thouret der Kursaal.

 

Tagsüber wurde gekurt und gebadet, abends getanzt. Mit der Industrialisierung, dem Bau zahlreicher Fabriken und dem Wandel der Gesellschaft begann der Niedergang Bad Cannstatts und des Kursaals als Treffpunkt der europäischen Hautevolee. Ironischerweise legten Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach nur wenige Meter entfernt in ihrer Werkstatt an der Taubenheimstraße den Grundstein für diese Entwicklung. Dort bauten sie ihren ersten Motor. Hier kann man Geschichte erfahren – und Minigolf spielen.

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Wo findet man die Anlage?

Zwischen Konzertmuschel am Biergarten und der Daimler-Gedenkstätte. Wer sich nicht auskennt, kommt nicht auf die Idee, dass man hier Minigolf spielen kann. Und lange lag das Gelände im Dornröschenschlaf. In den 70er Jahren gebaut, verfielen die Bahnen und die Terrassen nach und nach. Die Anlage gehörte zum Kursaal, die Pächter hatten jedoch kein Interesse daran. Als man die Fläche aus dem Pachtvertrag löste, fand sich mit dem gemeinnützigen Unternehmen SBR im Jahr 2012 ein Betreiber. Doch alles war so marode, dass man neu bauen musste. Natürlich alles strikt nach Maß, 18 Bahnen.

Was gibt es dort?

Ein Wackelbrett, einen Tunnel, ein Labyrinth. Die Hindernisse beim Minigolf sind seit jeher gleich. Zwar gibt es auch moderne Versionen wie das Spielen unter Schwarzlicht im Black Light Stuttgart in Zuffenhausen, oder wie beim Verein Sportkultur, der Golf en miniature anbietet, im Kursaal gibt es aber unter vielen alten Bäumen das ganz klassische Minigolf.

Wer hat es erfunden?

Die Schweizer. Genauer gesagt, der Gartenarchitekt Paul Bongni. Die Angelsachsen betrieben schon länger das Golfspiel auf Bahnen. „Fantasy Golf“ oder „Miniature Parks“ gab es in den USA und in Großbritannien auf Jahrmärkten und in Parkanlagen. Unter dem Motto: Besser gut geklaut als schlecht erfunden packte Bogni all die Einflüsse zusammen und entwarf einen normierten Parcours mit 18 genau beschriebenen Hindernissen. Er ließ sich diese Idee als „Minigolf“ patentieren. Bis heute streiten sie in Locarno und Ascona darum, wer 1954 die erste Bahn baute.

Und die Deutschen?

Die Deutschen zogen nach, im hessischen Traben-Trarbach folgte der erste Nachahmer, bis nach Hamburg kullerte der Ball. Dort etablierte sich die erste Minigolf-Hochburg. Aus dem Vergnügen wurde ein Sport. Und zwar vor allem, weil die Anlagenbetreiber keine Vergnügungssteuer zahlen wollten. Man stritt sich bis vors Verwaltungsgericht, das Minigolf aber als Glücksspiel einstufte. Bis sich Helmut Schmidts SPD der Sache annahm und Minigolf per Erlass zum Sport machte.

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Was kostet der Spaß?

Eine Runde für Erwachsene kostet 4 Euro, Kinder zahlen 2,50 Euro. Am Kiosk gibt es Eis und Getränke. Allerdings nur alkoholfreie. Das war Bedingung damals bei der Ausschreibung, weil man zum Biergarten und Kursaal keine Konkurrenz wollte. Geöffnet ist die Anlage von Mittwoch bis Samstag von 15 bis 20 Uhr und am Sonntag von 15 bis 20 Uhr. Gruppen können abweichend davon Termine ausmachen.

Was gibt es sonst noch?

Die genannten Gaststätten im Biergarten und Kursaal sind nur wenige Schritte entfernt. Baden kann man auch gleich nebenan im Mineralbad. Die Gottlieb-Daimler-Gedächtnisstätte im ehemaligen Gartenhaus ist von Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Wie kommt man hin?

Mit dem Auto kann man der Beschilderung „Kurpark“ folgen. Die S-Bahn-Linien S 1, S 2 und S 3 fahren zum Bahnhof Bad Cannstatt. Mit der Stadtbahnlinie U2 kann man direkt zur Haltestelle Kursaal fahren. Bis zum Minigolf-Platz sind es drei Minuten zu Fuß.