Der Gesundheitsminister sieht derzeit keine Anzeichen für eine Überlastung des Gesundheitswesens, mahnt aber zur Vorsicht.

Berlin - Nach dem Anstieg der Corona-Ansteckungen in den vergangenen Wochen sieht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nun eine Verbesserung der Infektionslage. „Wir müssen die Zahl der Neuinfektionen richtig einordnen: Sie liegen zwar höher als vor ein, zwei Monaten, aber immer noch in einem Rahmen, den das Gesundheitswesen gut bewältigen kann. An keiner Stelle droht aktuell eine Überforderung. Besorgniserregend war die neue Dynamik, die vor vier Wochen eingesetzt hat – die Lage hat sich aber wieder stabilisiert“, sagte Spahn im Interview mit unserer Zeitung.

 

Vor Beginn des Herbstes mahnt der Minister zur Vorsicht, doch gebe es „weder Grund, Panik zu schüren, noch Entwarnung zu geben. Wir wissen viel mehr über das Virus als noch im März, können differenzierter vorgehen. So ist inzwischen klar, dass es in Einkaufszentren oder Friseursalons nicht zu Infektionsausbrüchen kommt, wenn die Auflagen eingehalten werden.“ Im Winter gehe es ganz praktisch darum, trotz Kälte mehr zu lüften oder sich gegen die Grippe impfen zu lassen. „Wichtig ist, dass wir uns konsequent an die AHA-Regel (Abstand, Hygiene, Atemmaske) halten und Schutzkonzepte umsetzen“, so Spahn.

„Diese Pandemie lehrt uns, unsere Entscheidungen ständig zu hinterfragen“

Die Berliner Demonstration vom Samstag gegen die Corona-Maßnahmen kritisierte der Minister in diesem Zusammenhang scharf. „Es war zutiefst unsolidarisch und auch unpatriotisch, keine Masken zu tragen, keinen Abstand zu wahren und damit andere zu gefährden“, sagte er. Dass Demonstrationen aufgelöst werden, „ist Demokraten kein Grund zur Freude“. Es sei aber richtig, „dass die Polizei eingreift, wenn zu vielen Demonstranten in Berlin Freiheit und Gesundheit ihrer eigenen Mitbürger offenbar egal waren“. Spahn dankte den Polizistinnen und Polizisten, die das Eindringen in den Reichstag verhindert haben.

Bezüglich des Krisenmanagements der Regierung räumt er ein, dass Beschlüsse häufig überarbeitet werden müssen, da sich die Situation rasant verändert: „Diese Pandemie lehrt uns, unsere Entscheidungen ständig zu hinterfragen und unsere Strategie der Lage anzupassen.“

Um das Vertrauen in die Gesundheitspolitik zu fördern, hält es Spahn für besonders wichtig, seriöse und belastbare Informationen anzubieten – und setzt dabei auch auf das Nationale Gesundheitsportal (www.gesund.bund.de), das nun am Dienstag offiziell an den Start geht. Das Portal, das auch auf das Coronavirus eingeht, ist „ein zentraler Baustein, um Falschinformationen und Verschwörungstheorien entgegenzutreten“, so Spahn.