Die CDU attackiert im Landtag den Grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, mit dem sie doch im Bund über eine die Bildung einer gemeinsamen Regierung reden will.

Stuttgart - Auf Antrag der CDU hat sich der Landtag am Mittwoch in einer aktuellen Debatte mit dem Steuerstreit bei den Grünen beschäftigt. Der CDU-Fraktionschef Peter Hauk warf dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ein „oberlehrerhaftes“ Verhalten vor, habe dieser doch im Bundestagswahlkampf die von den Grünen und deren Spitzenkandidaten Jürgen Trittin vertretenen Steuererhöhungspläne mitgetragen, um sich nach der Wahlniederlage so scheinheilig wie schnell von Trittin zu distanzieren. Hinterher habe Kretschmann „schlau daher geredet“, vor der Wahl aber offenkundig nicht die Durchsetzungskraft aufbringen können, um das Steuerkonzept zu verhindern – und womöglich auch gar nicht wollen, wo doch in der Finanzplanung des Landes bereits zusätzliche 400 Millionen Euro gelistet seien: Geld, das aus Steuererhöhungen kommen soll, die der Bund erst beschließen muss.

 

Hauk und Strobl trommeln für Schwarz-Grün

Bei den Grünen stieß Hauks Attacke auf Unverständnis. Der Landtag sei die falsche Bühne, um das Innenleben einer Partei zu sezieren, sagte die Grünen-Fraktionsvize Andrea Lindlohr. Sie könne bei Kretschmann auch keinen Meinungsumschwung erkennen. Schließlich habe der Ministerpräsident vor der Wahl einen Brief an Trittin geschrieben, in dem er mitteilte, er werde im Bundesrat für eine Erhöhung des Spitzensatzes stimmen (daraus sollten die 400 Millionen Euro in der baden-württembergischen Finanzplanung kommen), jedoch gegen eine Substanzbesteuerung der Unternehmen, also gegen die im Wahlprogramm verankerte Vermögensabgabe.

Die Grünen wittern hinter den Angriffen der Opposition auf Kretschmanns Glaubwürdigkeit den Versuch, das Ansehen des Ministerpräsidenten in der Bevölkerung zu untergraben. Allerdings passe dieses Bestreben ganz und gar nicht zu den öffentlichen Bekenntnissen führender CDU-Landespolitiker zu ernsthaften Sondierungsgesprächen für eine schwarz-grüne Koalition im Bund. Tatsächlich hatten sich sowohl CDU-Fraktionschef Hauk wie auch der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl in diesem Sinne geäußert. Noch am Wochenende hatte Hauk gesagt, er halte Schwarz-Grün für einen spannenden Ansatz. Die Grünen-Abgeordnete Lindlohr sagte daraufhin, die Christdemokraten müssten sich entscheiden, ob sie die Grünen als einen „zerstrittenen Haufen oder als einen „potenziellen Koalitionspartner“ betrachteten. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel frotzelte: „Die CDU schmeißt sich täglich an die Grünen ran.“

Wenn Beamte rechnen

Böse Grüne, gute Grüne? Die FDP ist an den Berliner Koalitionsverhandlungen nicht beteiligt, womit möglicherweise der Grund benannt ist, weshalb der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke entschlossener noch als sein CDU-Kollege Hauk den Ministerpräsidenten anging. Rülke berief sich auf eine Äußerung Kretschmanns vom Sommer 2012. „Meiner Meinung nach sollte Jürgen Trittin den Wahlkampf anführen“, hatte Kretschmann gesagt. Später kommentierte der Regierungschef die Steuerbeschlüsse der Grünen mit den Worten: „Wir haben die richtige Balance gefunden.“ Woraus sich für Rülke ergibt: „Wo Trittin draufsteht, ist Kretschmann drin.“

Rülke wollte von der Landesregierung auch wissen, ob sie Beamte für die Erstellung des Steuerkonzepts der Grünen herangezogen hatte. Er bezog sich namentlich auf Klaus-Peter Murawski, den Amtschef des Staatsministeriums, der in einer entsprechenden Kommission der Grünen mitgewirkt hatte. Murawski, zu diesem Zeitpunkt Bürgermeister in Stuttgart, war als Vertreter der Kommunalpolitiker der Grünen in die Kommission entsandt worden. Silke Krebs, Ministerin im Staatsministerium, sagte: „Wir waren nicht in die Erarbeitung der Konzepte involviert.“ Allerdings, und darauf hatte schon Kretschmann bei anderer Gelegenheit hingewiesen, sei es normal, dass Regierungsapparate Steuerkonzepte aller Parteien bewerteten. Schließlich müsse man wissen, was diese Konzepte in der Praxis bewirkten. Tatsächliche hatte zum Beispiel das baden-württembergische Finanzministerium das Steuerkonzept des früheren Verfassungsrichters Paul Kirchhof auf seine Auswirkungen untersucht. Der parteilose Kirchhof war von der CDU im Bundestagswahlkampf 2005 als Schatten-Finanzminister nominiert gewesen. CDU-Fraktionschef Hauk teilte diesen Teil von Rülkes Kritik dann auch konsequenterweise nicht.