Bund und Länder wollen wegen Omikron die strengen Corona-Regeln vorerst aufrechterhalten. Aber wie will Kretschmann das umsetzen? Die Justiz hat ihm zuletzt enge Leitplanken gesetzt.

Stuttgart - Angesichts der rasanten Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus wollen Bund und Länder zunächst an den weitgehenden Einschränkungen festhalten. Das zeichnete sich unmittelbar vor der Schaltkonferenz der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ab. Damit stehen mögliche Lockerungen in Baden-Württemberg wieder auf der Kippe.

 

Die grün-schwarze Landesregierung will kurz nach den Beratungen von Bund und Ländern ihre Verordnung überarbeiten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) steht vor einer schwierigen Abwägung, denn die Justiz hat seiner Regierung Ende vergangener Woche klare Vorgaben gemacht. Zuletzt hatte der Grünen-Politiker versichert, er werde auf dem „Pfad der Vorsicht“ bleiben.

Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, welches das Einfrieren der Alarmstufe II mit harten Einschränkungen für Ungeimpfte für teilweise rechtswidrig erklärt hat, muss das Land aber sein Stufensystem wieder in Kraft setzen. Weil die Belastung der Krankenhäuser in den vergangenen Wochen - relativ gesehen - gesunken ist, müsste die Regierung eigentlich die Maßnahmen etwas lockern. Die FDP forderte Grün-Schwarz auf, sich an die eigenen Regeln zu halten.

Am Mittwoch soll der Landtag informiert werden

Kretschmann will an diesem Mittwoch im Landtag über den weiteren Kurs im Kampf gegen das Coronavirus informieren. Mitte der Woche soll auch schon die neue Verordnung in Kraft treten. Die Rückkehr zur normalen Alarmstufe würde zum Beispiel bedeuten, dass in Restaurants nur noch 2G und nicht mehr 2G plus gelten würde. Im Einzelhandel wäre statt 2G wieder 3G möglich.

Doch Kretschmann hat schon erklären lassen, dass die Regierung sich vorbehält, die bisher vorgesehenen Regeln in der Alarmstufe anzupassen und womöglich auch zu verschärfen. Zwar sind die Krankheitsverläufe bei Omikron laut Experten etwas milder als bei Delta, was die Intensivstationen entlastet hat. Doch die Zahl der Covid-Patienten in den Kliniken ist zuletzt wieder gestiegen.

Auch im Südwesten schießt die Zahl der Ansteckungen in die Höhe. Am Sonntag (Stand 16.00 Uhr) wurden landesweit 854,4 Infektionen innerhalb von sieben Tagen je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner registriert. Die landesweite Hospitalisierungsinzidenz kletterte auf 4,6. Sie gibt an, wie viele Corona-Infizierte innerhalb einer Woche und pro 100 000 Einwohner in Krankenhäuser gebracht werden. Bei einem Wert von 6,0 müsste Baden-Württemberg wieder die Alarmstufe II ausrufen.

Kritik aus der FDP

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke bezweifelte, dass Kretschmann zugleich die scharfen Corona-Regeln beibehalten und das Stufensystem wieder in Kraft setzen kann. „Im Grunde geht das überhaupt nicht. Entweder hält man sich an seine eigenen Regeln, dann muss man lockern. Oder man geht einen Sonderweg und verschärft“, sagte Rülke der dpa. Auch eine Anpassung der normalen Alarmstufe sieht der Liberale kritisch. „Das ist schon Willkür: Wenn mir das Regelwerk nicht mehr passt, dann verschiebe ich es einfach.“

Die FDP pocht darauf, dass im Einzelhandel im Südwesten wie nach einem Gerichtsurteil in Bayern 2G abgeschafft wird. Zudem forderte Rülke die Abschaffung des „Sonderwegs bei der Sperrstunde“ in der Gastronomie. In der Alarmstufe II mussten Restaurants zwischen 22.30 Uhr und 6.00 Uhr morgens schließen. Grundsätzlich sagte Rülke: „Nicht nachvollziehbar wäre, wenn es in Baden-Württemberg härtere Maßnahmen gibt als in Bayern.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich zuletzt dafür eingesetzt, auch im Profisport bald wieder Zuschauer zuzulassen. Zunächst wolle er schauen, ob man eine einheitliche Linie hinbekomme, notfalls wolle Bayern aber auch alleine handeln.