Miroslav Klose kann am Dienstagabend im WM-Qualifikationsspiel gegen die Färöer Gerd Müllers Torrekord knacken – wenn ihm Treffer Nummer 69 gelingt. Ein Porträt des beliebten und erfolgreichen Nationalstürmers.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Torshavn - Es ist doch beruhigend zu wissen, dass der Stürmerlegende Gerd Müller noch eine ganze Reihe an Rekorden übrig bleiben werden. 365 Tore etwa in der Bundesliga, davon allein 40 in einer Saison, das sind weiter unerreichte Spitzenwerte; oder im DFB-Pokal, wo es in 64 Spielen genau 79-mal „müllerte“ – ein weiterer Bestwert. Aber auch bei „Bomber Müller“ ging fußballerisch nicht immer alles glatt: Zwölf Elfmeter hat der mittlerweile 67-Jährige in seiner Bundesligalaufbahn verschossen – auch das ist ein Rekord.

 

Auf internationalem Terrain hat sich Gerd Müller, den es schon lange nicht mehr ins Rampenlicht drängt, ja bereits von einer Bestmarke trennen müssen. 2012 war Lionel Messi vom FC Barcelona eben besser, als er 91 Pflichtspieltore in einer Saison erzielte (Müller brachte es 1972 „nur“ auf 85 Treffer). Wenn sich der ehemalige Stürmer, der Deutschland mit seinem Tor zum 2:1 im WM-Finale 1974 gegen die Niederlande zum WM-Titel schoss, am Dienstag (20.45 Uhr/ARD) in München vor den Fernseher setzt, könnte ihm schon wieder ein Rekord abhanden kommen. Schließlich gilt es nicht als ausgeschlossen, dass Miroslav Klose vor 4000 Zuschauern im Torsvollur-Stadion auf den Färöern gegen die Nummer 175 der Weltrangliste ein Treffer gelingt.

Bescheiden und beliebt

Vor dem Schuss in die Rekordbücher – mit dann 69 Toren hätte sich Miroslav Klose als treffsicherster deutscher Nationalspieler aller Zeiten verewigt – bleibt der Stürmer von Lazio Rom bescheiden: „Ich kann und will mich nicht mit Gerd Müller auf eine Stufe stellen“, sagt der 35-Jährige. „Er bleibt unerreicht. Das zeigt allein die Tatsache, dass ich für meine 68 Tore doppelt so viele Spiele gebraucht habe wie er.“ Tatsächlich wird der Auftritt auf den Färöern für Klose das 130. Länderspiel sein. Gerd Müller absolvierte nur 62 Partien, weil er nach Differenzen mit dem DFB nach dem WM-Triumph 1974 (die Spielerfrauen durften nicht mit zum Bankett) seine Länderspielkarriere beendete.

„Ich freue mich für Miro. Er ist ein großartiger Bursche und hat das verdient“, ließ Gerd Müller, der beim FC Bayern als Co-Trainer der zweiten Mannschaft tätig ist, ausrichten. Die beiden Ausnahmestürmer des DFB kennen sich aus Kloses Münchner Zeit.

Bekanntschaft mit dem rauen Klima auf den Färöern, wo der böige Wind oft das Fußballspielen erschwert, hat Miroslav Klose erstmals 2003 gemacht. Damals bewahrte der Stürmer des 1. FC Kaiserslautern als Einwechselspieler die deutsche Nationalelf mit dem späten 1:0 in der 89. Minute vor der Blamage. Fredi Bobic ließ in der 90. Minute noch das Tor zum 2:0-Endstand folgen (siehe auch „Als mit Fredi auf den Färöern die Post abging“).

Professionell und antrittsschnell

Ein Blick auf die damalige Aufstellung lässt erahnen, wie lange Miroslav Klose, der 1978 im polnischen Oppeln geboren wurde und erst im Alter von 21 Jahren in der Bundesligamannschaft des 1. FCK debütierte, im DFB-Team schon dabei ist: Ehemalige Mitspieler wie Jens Jeremies, Christian Wörns oder Bernd Schneider sind längst im fußballerischen Ruhestand. „Der Miro lebt von seiner Professionalität und von seinem Willen, auf diesem hohen Niveau zu bleiben“, lobt der Bundestrainer Joachim Löw seinen noch immer antrittsschnellen Stürmer, der auch mit 35 Jahren – trotz eines hochkarätigen Angriffskollegen wie Mario Gomez vom AC Florenz – noch erste Wahl ist.

Einen Salto, wie er ihn zu Beginn seiner Karriere gerne zeigte, hat sich Miroslav Klose aber nach seinem Tor zum 1:0 gegen Österreich, der Nummer 68 in seiner Karriere, besser verkniffen. „Das lasse ich mit Rücksicht auf mein Alter lieber – ich will ja noch ein bisschen spielen“, sagt Klose, der vor zwei Jahren den FC Bayern in Richtung Italien verließ. Körperlich, das gibt der Stürmer gerne zu, fällt ihm der Fußball heute um einiges schwerer als noch mit Ende Zwanzig: „Ich habe immer für den Fußball gelebt, das kommt mir zu Gute“, sagt er. „Dennoch brauche ich heute wesentlich länger zum Regenerieren und muss mehr Stabilisationseinheiten für die Muskeln einlegen als früher.“

Bleibt Miroslav Klose, den Anfang dieses Jahres Probleme am Oberschenkel zu einer längeren Verletzungspause zwangen, bei der WM-Endrunde 2014 in Brasilien verletzungsfrei, könnte er bei seiner dann fünften Weltmeisterschaft wieder an Gerd Müller vorbei ziehen. Gemeinsam mit ihm (beide 14 Treffer) liegt er in der Liste der WM-Rekordtorschützen auf Rang zwei. Sie wird vom Brasilianer Ronaldo mit 15 Toren angeführt. Also will sich Miroslav Klose weiter pflegen und in Form bleiben, um auch am Zuckerhut treffsicher zu sein. „Ich habe nie geraucht“, erklärt er sein Erfolgsrezept: „Früher habe ich auch keinen Alkohol getrunken. Heute trinke ich – sage ich mal – wenig.“